Besuch im Tante-Emma-Laden

Petra und Harald Pauw sammeln Zeitzeugen der Konsumwelt. Jetzt ist eine Ausstellung in Grefrath zusehen.

Besuch im Tante-Emma-Laden
Foto: Kurt Lübke

Grefrath. Alles begann in einem Pub in London. Der Nettetaler Harald Pauw hatte 1982 beruflich in England zu tun und beim Feierabendbierchen fiel ihm eine alte Guinness-Werbetafel auf. „Die fand ich so toll, dass ich am Tag darauf auf dem Flohmarkt in London versucht habe, so eine zu finden“, sagt Pauw. Zurück in Deutschland steckte er seine Frau mit der Sammelleidenschaft an. Heute zeigen er und Petra Pauw rund 800 Werbetafeln und Verpackungen in der Dorenburg im Freilichtmuseum.

„Tante Emmas Warenwelt“ heißt die Schau, die morgen öffnet und bis zum 17. August in Grefrath zu sehen ist.

„Die Ausstellung zeigt die Entwicklung der Waren und deren Verkauf von 1900 bis in die 50er und 60er Jahre und dem Aufkommen der ersten Supermärkte“, fasst Museumsleiterin Anke Wielebski zusammen, die gemeinsam mit dem Sammler-Ehepaar die Schau konzipiert und aufgebaut hat.

Im Eingangsbereich sind Schätze aus der Region zu sehen: Eine 1,5 Kilogramm schwere Teedose von Seelig und Hille von 1889 — heute Teekanne mit Werk in Neuss — aus der der Verkäufer im Tante-Emma-Laden dem Kunden die gewünschte Menge Tee abfüllte.

Oder Magenbitter von Underberg aus Rheinberg, die ihre Fläschchen in braunes Papier wickelten und das später patentieren ließ. Auch Verpackungen von Hipp’s Kindermehl, Stollwercks Schokolade, damals ein Luxusgut für eine DM die Tafel, und Bahlsens Cakes, die sich später im deutschen Sprachgebrauch als Keks durchsetzten.

„Wenn wir auf Flohmärkten oder im Internet neue Objekte finden und kaufen, dann versuche ich immer genau zu recherchieren, wie die Marke oder das Produkt entstand und was daraus geworden ist“, sagt Harald Pauw.

Die Veränderung im Erscheinungsbild einer Marke können Besucher im zweiten Raum, dem „Non-Food-Bereich“ der Ausstellung besichtigen. In einer Vitrine sind etwa verschiedene Nivea-Dosen zusehen, die ersten beiden Versionen vor 1925 waren noch gelb. Erst später setzte sich die tiefblaue Farbe durch. Auch Persil von Henkel darf nicht fehlen. Daneben ein Pril-Werbeplakat mit dem für heutige Konsumenten sinnfreien Slogan: „Pril entspannt das Wasser.“

„Witzigerweise war es in den 50ern wohl modern, Marken mit Tieren zu entwickeln“, sagt Wielebski. Pelikan, Uhu, Dompfaff und Erdal mit dem Rotfrosch sind nur einige Marken, die sich bis heute gehalten haben und die in den Vitrinen in der Dorenburg präsentiert werden. Auch beachtlich: „Es wurde alles sehr aufwendig gezeichnet, weil es ja noch keine Fotografie gab“, sagt Wielebski.

Unterschiede zur heutigen Werbung offenbaren sich extrem in den Werbefilmen, die im letzten Raum der Schau gezeigt werden. Mehrminütige Streifen mit teils komplexen Handlungssträngen, gereimten Dialogen und Musik- und Tanzeinlagen mit Revue-Charakter versuchten den Konsument vom Produkt zu überzeugen. Mit strahlenden Augen steht etwa die Vorzeigefamilie der 50er Jahre inmitten frischer, weißer Wäsche, die im Freien auf der Leine im Wind weht.

„Vieles wäre heute nicht mehr möglich“, sagt Wielebski. „Wie der Spot einer Zigarettenmarke, in der ein echter Affe eine Zigarette raucht und es heißt: ,Affen paffen, Männer genießen’.“ Auch den Slogan des Insektenvernichters Delicia „Motten tötet Delicia“ schreibt die Firma nicht mehr auf ihre Produkte. Heute heißt es: „Delicia schützt gegen Motten.“

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