Heiße Phase für Kohlenhändler

Hans Ziemke hat viel zu tun — und schwer zu schleppen. Der 73-Jährige hat einiges erlebt und denkt nicht ans Aufhören.

Kreis Viersen. „Mein Rücken hält das aus“, sagt Hans Ziemke. Selbstverständlich ist das nicht. Denn zentnerschwere Säcke sind das tägliche Geschäft des 73-jährigen Kohlenhändlers aus Leidenschaft. Schon schultert der Süchtelner wieder einen Sack und trägt ihn in den Keller, als sei dies ein Kinderspiel. Ab und an geht es auch in einen Schuppen.

„Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ — dieser Lied-Anfang ist für Ziemke „Kohlenstaub von gestern“, denn Koks liefert er nicht mehr. Koks wird praktisch nicht mehr benötigt.

Derzeit läuft die heiße Phase für Hans Ziemke. Montags bis samstags beliefert er seine gut 100 Kunden im Kreis Viersen und in Krefeld. „Eng wird es immer in der Kempener Altstadt“, erzählt der froh gelaunte und hilfsbereite Kohlenhändler. Wenn nötig repariert er auch mal einen Ofen — als Service ohne Bezahlung.

Köstlich ist es, wenn Hans Ziemke aus seinem Händlerleben plaudert. Nicht immer sind die Keller optimal ausgeleuchtet, sodass er vor Jahren unabsichtlich auf einen Kunden trat, der seinen Rausch im Keller ausschlief.

1500 Stufen in 90 Minuten mit vielen Säcken in der Hand sind für ihn eine Selbstverständlichkeit. Wenigstens fünf Zentner müssen es schon sein, wenn er liefert — mit Ausnahmen natürlich. 80 Zentner sind seine größte Einheit, die er bisher an einen Kunden geliefert hat. Weite Wege muss er für seine Kunden zurücklegen. Die Kohle holt er in Hückelhoven, die Briketts in Frechen und die Eierkohle in Duisburg.

Aufgegeben hat er das große Lager an der Düsseldorfer Straße zwischen Süchteln und Viersen. Dreimaliges Hochwasser in den vergangenen Jahren hat die Bestände vernichtet. Und im eiskalten Wasser stehen ist nicht sein Ding. Zu seiner Arbeit als solches sagt er: „Ich mache das gerne und werde es solange machen, bis mich der von oben ruft.“

Seine Gattin Hiltrud Ziemke, mit der er seit 49 Jahren verheiratet ist, macht die Termine. Das hat früher schon ihre Mutter Josefine gemacht: Die heutige Kohlenhandlung Ziemke ging aus der Kohlenhandlung von Peter van Heugten hervor. Dieser besaß nie einen Führerschein, weil er Probleme hatte, einzuschätzen, ob der Lkw durch eine enge Einfahrt passt.

Hans Ziemke stammt aus Landsberg im heutigen Polen und kam 1954 nach Süchteln. Er war zunächst Bäcker bei Gartz in Grefrath, dann Schlosser, unter anderem bei Girmes in Oedt, und hat schon früh in der Kohlehandlung seines Schwiegervaters mitgeholfen. Vor rund einem Vierteljahrhundert hat er die Handlung übernommen.

Er ist ein Fan der Gospelmusik und hat mehrfach Gospelkonzerte besucht. Doch auch verschiedene Sportarten locken ihn vor den Fernseher.

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