125 Jahre Annenhof: Kunst, wenn die Worte fehlen

Kreativität soll traumatisierten Kindern helfen.

125 Jahre Annenhof: Kunst, wenn die Worte fehlen
Foto: Lübke, Kurt (kul)

Kempen. Leonie (10) hat sich für die Specksteine entschieden. Sie steht im Kunstraum des Annenhofs und feilt wie wild an einem der weißen Steine. „Gerade war ihre Mama zu Besuch“, sagt Kunsttherapeutin Nicole Schreiner. „Sie braucht jetzt etwas, um sich daran abzuarbeiten.“

125 Jahre Annenhof: Kunst, wenn die Worte fehlen
Foto: Lübke, Kurt (kul)

Schreiner weiß, mit welchen Kunstformen sie die Kinder beruhigen oder auch zum Reden bringen kann. „Manchmal fehlen die Worte. Die Kunst hilft den oft traumatisierten Kindern, das auszufrücken, was sie nicht erklären können oder wollen.“ Die Künstlerwerkstatt ist ein wichtiger Bestandteil der so genannten Ganzheitlichen Förderung, die die Pädagogen im Annenhof praktizieren.

Ein Freizeittreff, ein Internetcafé, ein Musikraum und eine Werkstatt gehören ebenfalls dazu. In allen Bereichen können sich die jungen Bewohner des Kinderheims ablenken und neue Fähigkeiten erwerben — immer unter der Aufsicht von geschulten Freizeitpädagogen.

Laute Musik dröhnt aus dem Freizeittreff. Drei Mädels stehen vor dem großen Spiegel und üben Tanzschritte. Stefan Zimmermann kündigt an: „Gleich machen wir die Power Hour!“ Zimmermann ist Freizeitpädagoge. Einmal in der Woche traniert er mit allen, die sich angemeldet haben oder von ihren Gruppenleitern angemeldet wurden, die Fitness. „In der Power Hour machen wir eine Stunde lang eine Mischung aus Kardio und Krafttraining“, sagt der Sozialpädagoge mit Zusatzausbildung.

Die Annenhofkinder sollen sich genauso sportlich betätigen können, wie Gleichaltrige, die nicht im Heim leben. Es gibt Fußball- und Schwimmtraining und einen regelmäßigen Lauftreff. „Wir wollen den Kindern nicht nur ein Zuhause auf Zeit bieten, sondern auch Stärken und Ressourcen entdecken und die Möglichkeit geben, vielleicht versteckte Fähigkeiten zu entwickeln“, sagt Zimmermann.

Außerdem ist dem Pädagogen wichtig, dass die Kinder durch Teamsport soziale Kompetenzen lernen. Vor allem in den Ferien, wenn keine schulischen Aktivitäten anstehen, sei es wichtig, die Kinder zu beschäftigen. „Dann machen wir Kanutouren oder gehen ins Schwimmbad“, sagt Zimmermann.

Leo (19) und seine Schwester Joy (8) gehen regelmäßig zum Lauftreff. Das Training hat sich ausgezahlt. „Wir haben in diesem Jahr beim Altstadtlauf mitgemacht“, sagt Joy stolz.

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