Ärzte haben weniger „Inkasso-Arbeit“

Mediziner aus Kempen und Grefrath begrüßen die Abschaffung.

Kempen/Grefrath. Viel Ärger und Probleme hat sie den Kassenpatienten und Ärzten in den vergangenen Jahren bereitet, nun soll sie wieder abgeschafft werden: die Praxisgebühr. Die vierteljährliche Zuzahlung in Höhe von zehn Euro wurde bisher bei Arzt- und Psychotherapeutenbesuchen sowie kassenärztlichen Notdiensten fällig. Die Gebühr kam den Krankenkassen zugute, und nicht den Ärzten, die lediglich für das Kassieren zuständig waren. Ab dem 1. Januar 2013 soll sie vollständig entfallen.

Das hat die Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP beschlossen. Unsere redaktion fragte bei Ärzten nach: Was halten Sie von der Abschaffung der Praxisgebühr?

Bei der Einführung 2004 stand der St. Huberter Hausarzt Dr. Georg Mergler der Praxisgebühr recht positiv gegenüber, „denn ihr Hintergrund, die Praxisbesuche auf die notwendigsten zu reduzieren, macht Sinn“. Dieser Effekt sei aber nicht eingetreten. „Künftig haben wir weniger Inkasso-Arbeit für die gesetzlichen Krankenkassen“, sagt der Obmann der niedergelassenen Ärzte in Kempen.

Dabei hat Mergler vor allem die zusätzliche Verwaltungsarbeit und das Anschreiben zahlungsunwilliger Patienten im Blick.

Der Kempener Internist Dr. Reinhold Becker schließt sich der Meinung des Allgemeinmediziners an: „Wir haben deutlich weniger bürokratischen Aufwand, unsere Mitarbeiterinnen können sich nun wieder auf ihre primären Aufgaben konzentrieren.“ Vor allem die Abschaffung der Notdienstgebühr hält er für sinnvoll.

Hilfsbedürftige Personen mit akuten Problemen und Schmerzen erst einmal um die Zuzahlung zu bitten, empfindet er als moralisch bedenklich.

Auch der Grefrather Sportmediziner, Dr. Bruno Winkels, ist „rundum begeistert“ von der anstehenden Abschaffung. „Es kann nur Zustimmung geben, wenn es darum geht, die Patienten finanziell zu entlasten“, sagt Winkels. „Wir haben einen erheblichen Mehraufwand, der den Krankenkassen jährlich knapp zwei Milliarden Euro gebracht hat.“

In vielen Fällen sei keine Steuerungsfunktion zu erkennen, denn ein Großteil der Patienten versuche innerhalb eines bezahlten Quartals möglichst viele Arztbesuche hinter sich zu bringen, auch wenn diese nicht immer notwendig seien.

Dr. Ralph Thoms konnte in seiner Grefrather Praxis medizinische Argumente gegen die Beitragszahlung sammeln: „Gerade sozial schwächere Patienten überlegen es sich mehrfach, ob und wann sie zum Arzt gehen, und verschleppen kleinere Infekte, bis sie gefährlich werden können.“

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