„Entscheiden und gestalten“ — Ex-Kreisdirektor wird 90

Rudolf H. Müller hat am Montag Geburtstag. Von 1960 bis 1984 war er Verwaltungschef.

„Entscheiden und gestalten“ — Ex-Kreisdirektor wird 90
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Ein prominenter Kempener hat am Montag Geburtstag: Rudolf H. Müller wird 90 Jahre alt. Dass er von 1960 bis 1984 Oberkreisdirektor (OKD) des Kreises Viersen, vormals Kempen-Krefeld war, dürfte vielen bekannt sein. Er war bei seinem Amtsantritt mit 35 Jahren der jüngste Verwaltungsdirektor in Nordrhein-Westfalen. „Die Dezernenten hätten alle mein Vater sein können“, erinnert sich Müller mit einem Lächeln im Gesicht. Dennoch habe die Zusammenarbeit von Anfang an gut funktioniert.

Im Laufe seines Lebens hatte Müller auch viele ehrenamtliche Aufgaben. Sie begannen in der christlichen Jugendarbeit seiner Heimatstadt Oberhausen. Rückblickend meint Müller, dass ihn auf seine Tätigkeit als OKD sicher vor allem das juristische Studium und Referendariat vorbereitet hätten, aber ihn die katholische Jugendarbeit den Umgang mit Menschen gelehrt habe. „Wenn man ein Ziel nicht anordnen kann, dann muss man überzeugen können.“ Da habe er viel für die politische Arbeit gelernt.

„Das Modell Regierung und Opposition passt für den Bundestag oder den Landtag, aber nicht für Gemeinden, Städte und Kreise. Hier muss man praktische Probleme gemeinsam lösen“, findet Müller. Heutzutage werde zu viel Kraft in der Auseinandersetzung der Parteien verbraucht. „Dabei geht die Sachlichkeit verloren.“

Mehrere Einrichtungen und Verbände fragten für ihre Arbeit das Wissen und die Kenntnisse des geschätzten Verwaltungsfachmannes und Juristen an. Trotz der Arbeitsbelastung als OKD übernahm Müller Aufgaben im Landesverband Rheinland des Deutschen Jugendherbergswerks — ab 1960 im Gesamtvorstand.

Von 1975 bis 1990 war er Landesvorsitzender. Damit war er Chef von 37 Jugendherbergen. 500 Mitarbeiter hatte der Landesverband. „30 Pfennig kostete in den 1960er Jahren eine Übernachtung“, erinnert sich Müller schmunzelnd. Aber der Preis wäre damals schon symbolisch gewesen und hätte über die Verpflegungsumsätze wieder hereingeholt werden müssen.

Ein Ehrenamt war auch der Vorsitz beim Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), den Müller von 1964 bis 1984 innehatte und der ihn zunächst als Schriftführer und dann als Vizepräsident in den Landesverband Nordrhein brachte.

Nach der Pensionierung leitete Müller von 1993 bis 2004 religiöse Bildungswochen der Aktion Seniorenbildung NRW. Die Verortung im christlichen Glauben und der katholischen Kirche hat ihn seit seiner Jugendzeit nicht verlassen. Im Alter von über 80 Jahren übernahm er den Vorsitz im Kirchbauverein der Pfarre St. Josef und ergriff Partei gegen die Fusion der Kempener Gemeinden vor einigen Jahren.

2013 erkrankte Müller schwer. Auch wenn er davon genesen ist, sind einige körperliche Beeinträchtigungen geblieben. Doch das vergisst man im Gespräch mit ihm. Ein scharfer Verstand, ein überwältigendes Erinnerungsvermögen und druckreife Formulierungen — im Gespräch glaubt man kaum, dass Rudolf Müller 90 Jahre alt wird.

„Entscheiden und Gestalten“ heißt das Buch, das die Kreisverwaltung ihm einst als Festschrift gewidmet hat. Diese charakterisierenden Worte kann jeder, der Rudolf H. Müller kennt, auch heute noch unterstreichen.

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