Grefrath: „Heuschrecken“ sind schuld

Der Betriebsrat ist empört über das Vorgehen des amerikanischen Investors.

Grefrath. Enttäuschung, Unverständnis, Empörung - so lässt sich die Reaktion des Betriebsrates des Automobilzulieferers Henniges (früher GDX und Draftex) auf den Punkt bringen. Gut eine Woche nachdem der Konzern die vorläufige Insolvenz angemeldet hat, trat das Gremium am Freitag stellvertretend für die mehr als 800 Mitarbeiter vor die Presse.

"Wir haben keine Schuld an der Situation des Unternehmens", sagte der Betriebsratsvorsitze Heinz Koppmann. "Die Mitarbeiter vor Ort leisten seit Jahrzehnten sehr gute Arbeit." Seiner Ansicht nach ist der US-Eigner Wynnchurch Capital verantwortlich für die drohende Pleite in Grefrath. "Wynnchurch hat uns Ende 2007 übernommen. Im ersten Halbjahr 2008 haben wir durchweg schwarze Zahlen geschrieben", so Koppmann. Erst danach sei es bergab gegangen. "Das Minus wird aber nicht in Grefrath eingefahren. Dafür ist unser Schwester-Werk im tschechischen Ostrava verantwortlich."

Jeden Monat würden am tschechischen Standort in Ostrava, wo für den Audi A4 produziert wird, 1,5Millionen US-Dollar (zirka 1,2 Millionen Euro) "in den Sand gesetzt". "Dieses Minus muss mit Mitteln aus Grefrath ausgeglichen werden", so der Betriebsratschef. "In Tschechien ist das Geld regelrecht verbrannt worden."

Hinzu komme die Finanzkrise, wegen der auch an der Niers die Aufträge zurückgegangen sind. "Die Finanzkrise ist aber nicht der Hauptgrund für die Probleme in Grefrath", ergänzt Heinz Koppmann. Die ständigen Eignerwechsel in den vergangenen Jahren hätten geschadet. "Vor zehn Jahren waren wir noch 4000 Mitarbeiter in sechs Werken in Viersen und Grefrath. Jetzt sind es noch 800."

Insbesondere das "Heuschreckenverhalten" der letzten beiden US-Inhaber Cerberus und jetzt Wynnchurch mache deutlich, "dass hier in Grefrath nur Erträge ausgesaugt werden".

Empört sind die Arbeitnehmer darüber, dass die im Tarifvertrag ausgehandelte Bestandsgarantie bis 2010 durch das Insolvenzverfahren "ausgehebelt ist". "Wir haben Zugeständnisse gemacht. Die Mitarbeiter haben durch den hauseigenen Tarifvertrag auf Geld verzichtet - zum Wohle des Unternehmens", sagte Koppmann. Das zählt jetzt nicht mehr. "Durch das Insolvenzverfahren gilt die Bestandsgarantie nicht mehr, weil am Ende die Auflösung des Werks stehen könnte", bestätigte Guido Wurll, Anwalt der Arbeitnehmer.

Der Anwalt geht aber davon aus, dass das Werk in Grefrath bestehen bleibt. "Mit Hilfe des Insolvenzverwalters kann es hier eine Zukunft geben", so Wurll. Allerdings nicht für alle 815 Mitarbeiter. "Mit Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage kann ein Personalabbau nicht mehr verhindert werden", ergänzte Heinz Koppmann.

Zum Erhalt des Werks muss aus Sicht des Betriebsrats an Großkunden wie BMW, Daimler, VW und Audi appelliert werden. "Unsere beste Werbung für Aufträge ist unsere ausgezeichnete Qualität", sagte der Vorsitzende.

"Die Kunden bleiben nicht nur wegen der Finanzkrise weg. Es ist auch das mangelnde Vertrauen in die Heuschrecken", ist Koppmann überzeugt. So habe Wynnchruch den Auftraggebern keine langfristigen Garantien geben wollen. Durch das Insolvenzverfahren hoffe man jetzt auf einen soliden neuen Investor. "Das sollte das Ziel eines solchen Verfahrens sein", sagte Anwalt Wurll.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort