Holocaust-Gedenkstele: Stadt geht auf Fehlersuche

Der Kempener Historiker Hans Kaiser bemängelt mehrere Fehler bei der Auflistung der jüdischen Opfer.

Holocaust-Gedenkstele: Stadt geht auf Fehlersuche
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die Gedenkstele am Rathaus für die Opfer des Holocaust ist fehlerhaft. Das geht zumindest aus Forschungen des Historikers Hans Kaiser hervor. In einer Stellungnahme an die Verwaltung schreibt er, dass die Namen von drei ermordeten Opfern fehlen: Karoline Marx, Isidor Rath und Karoline Winter. Zudem stünden andere Namen mehrfach auf der Stele am Buttermarkt: Abraham (Rufname: Albert), Goldschmidt tauche mit beiden Vornamen dreimal, Luise Rath zweimal auf. Und: Laut Hans Kaiser stehen sieben Namen von Juden auf der Stele, die bereits vor 1933 gestorben oder zum Zeitpunkt der Nazi-Herrschaft gar nicht gelebt haben.

Holocaust-Gedenkstele: Stadt geht auf Fehlersuche
Foto: Kurt Lübke

Die mögliche Ansammlung von Fehlern wird heute den Kulturausschuss (18 Uhr, Rokokosaal) beschäftigen. Basierend auf den Forschungen Kaisers stellen die Grünen den Antrag, die Stele zu überarbeiten. „Um nicht die Stele komplett zu erneuern, empfehlen wir eine kleine Tafel als ,Nachtrag’ mit den fehlenden Namen“, heißt es im Antrag der Fraktion.

Ganz so einfach will es sich die Verwaltung aber nicht machen. Forschungen des Kulturamtes hätten ergeben, dass es im Zusammenhang mit den jüdischen Opfern aus Kempen widersprüchliche Angaben gibt.

Auf der 2004 errichteten Stele sind nach Angaben der Stadt 82 Namen aufgelistet. Grundlage der Liste sei das 1991 publizierte Forschungsergebnis von Friedhelm Weinforth. Das Werk sei auf Basis wissenschaftlicher Literatur, Forschungen der Verwaltung und Gesprächen mit dem „einzigen Kempener Holocaust-Überlebenden Kurt Mendel“ zustande gekommen.

„Diese Liste besteht nicht nur aus den Namen, sondern verzeichnet auch das Geburtsjahr und — soweit bekannt — das Jahr der Deportation bzw. Ermordung oder Emigration“, heißt es in der Verwaltungsvorlage. „Dabei fällt auf, dass Abraham bzw. der zweimal verzeichnete Albert Goldschmidt mit jeweils anderen Geburtsjahren angegeben sind — ebenso Luise Rath.“

Aktuelle Recherchen der Verwaltung in der Datenbank des Bundesarchivs hätten ergeben, dass „in Kempen drei Goldschmidts wohnhaft waren, mit den Vornamen Abraham und Albert (zweimal)“. Eine Luise Rath sei gar nicht in der Datenbank gefunden worden.

„Diese Widersprüche zeigen, dass es trotz aller wissenschaftlichen Forschungen schwer sein wird, jemals eine endgültige Namensliste zu erstellen“, so die Verwaltung. Denn auch bei der Anzahl der Opfer kursieren unterschiedliche Angaben, so die Stadt. Im Buch von Kaiser („Kempen unterm Hakenkreuz, 2. Band“) ist von 64 Juden die Rede, die 1933 in Kempen lebten. „Diese Anzahl korrespondiert weder mit den 82 Namen auf der Stele, noch mit der Anzahl der Namen, die sich nach dem Korrigieren auf der Grundlage der Stellungnahme von Hans Kaiser ergeben würde, nämlich 56.“

Die Stadt will daher nicht einfach den Antrag der Grünen umsetzen, sondern versuchen, die Widersprüche in den Forschungsergebnissen zu klären: In Zusammenarbeit mit Kaiser und dem Bundesarchiv will die Stadt Kontakt zur israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem aufnehmen.

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