Kempen Kampf gegen stillen Rassismus

Die gebürtige Portugiesin Alice Poeria engagiert sich für Integration.

Kempen: Kampf gegen stillen Rassismus
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Als 1995 der Ausländerbeirat der Stadt Kempen gewählt wurde, gab es zwei Gründe, warum sich Alice Poeira entschied, anzutreten. „Einer hat einen Hintergrund, der auch heute aktuell ist. Ich wollte etwas gegen Ausländerfeindlichkeit tun“, sagt die Portugiesin. Die Welle des Fremdenhasses und zahlreiche Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in 90er Jahren hätten sie sehr erschreckt. Zudem war Poeira vor der Wahl in Brasilien. Dort lernte sie ein kirchliches Hilfsprojekt kennen. Dabei wiederum habe sie gelernt, dass viel Geld oder ein großes politisches Mandat nicht notwendig seien, um die Stimme zu erheben.

Also trat sie zur Wahl des Beirats an, nicht für die Liste einer Partei, sondern alleine. Die 56-Jährige wollte unabhängig bleiben. „Bei der Wahl habe ich sehr gut abgeschnitten und einen Sitz im Gremium bekommen“, sagt Poeira. Seitdem engagiert sie sich für ausländische Mitbürger in Kempen; zwischenzeitlich war sie Vorsitzende des mittlerweile aufgelösten Beirats. Seit 2002 ist sie Sprecherin des von der Stadt geschaffenen Arbeitskreises Multi-Kulturelles Forum.

„Das große Thema ist die Integration“, sagt Poeira. Sie hat zahlreiche Aktionen angestoßen, um Toleranz und Begegnungsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Kulturen zu schaffen. Viele Projekte hat Poeira auf den Weg gebracht; darunter Kulturfeste auf dem Buttermarkt und eine Ausstellung über Gastarbeiter.

Poeira kam vor 46 Jahren selbst als Tochter eines Gastarbeiters an den Niederrhein. Ihr Vater wurde von einer Kempener Schreinerei angeworben. Mittlerweile bezeichnet sie die Thomasstadt als ihre Heimat. Das hänge mit der Vertrautheit zu den Menschen und zur Umgebung zusammen.

Poeiras Vorstellung, wie Integration verlaufen soll, ist klar: „Ich wehre mich dagegen, darin eine eingleisige Geschichte zu sehen.“ Wichtig sei, dass alle aufeinander zugehen, auch Ausländer untereinander. Um Raum für einen Austausch zu schaffen, organisiert Poeira mit ihrem Arbeitskreis, dem Kirchen, Sozialverbände und Privatpersonen angehören, regelmäßig sonntags Begegnungsnachmittage. „Diese stehen sehr oft unter einem Thema“, sagt Poeira.

Poeira wünscht sich, dass sich die Kempener Sportvereine vermehrt im Arbeitskreis einbringen. Sie seien ein wichtiger Faktor bei der Integration.

Die Kempenerin glaubt, dass das Engagement ihres Gremiums einige Spuren in der Stadt hinterlassen hat: „Politisch Engagierte haben ein offenes Ohr und sich bestimmten Themen gegenüber geöffnet.“ Und woher nimmt sie die Motivation, sich nach 20 Jahren neben dem Beruf weiterhin ehrenamtlich zu engagieren? „Man darf nicht müde werden, für Toleranz zu werben“, sagt Alice Poeira. Der „stille Rassismus“ sei noch immer präsent.

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