Kempen: Der Herr von Weiche und Schranke

Ohne Heinz-Adolf Räthel geht am Kempener Bahnhof nichts. Der 49-Jährige leitet das Stellwerk.

<strong>Kempen. "Ich werde schließlich nicht für die Laufarbeit hier bezahlt, sondern für die Verantwortung, die ich trage." Heinz-Adolf Räthel ist der Fahrdienstleiter am Kempener Bahnhof. Ohne den 49-Jährigen liefe auf der Gleisstation Düsseldorf-Kempen-Kleve im 20 Kilometer langen Abschnitt von Krefeld bis Voesch gar nichts. Im Stellwerk am Bahnübergang St. Huberter Straße hat der Bahn-Beamte alles im Griff.

"Das Stellwerk ist von 1901. Aber es funktioniert immer noch alles wie geschmiert." Heinz-Adolf Räthel

Sein Reich, das sind knapp 100 Quadratmeter in fünf Metern Höhe. Von hier oben beobachtet der Fahrdienstleiter seit zehn Jahren jede Bewegung, die sich auf und an den Gleisen abspielt. Keine Schranke öffnet sich ohne sein Zutun, keine Weiche wird gestellt ohne sein Wissen. Und wenn der Zug Verspätung hat, dann informiert Heinz-Adolf Räthel die wartenden Bahnkunden auf dem Perron. "Das Stellwerk ist von 1901, aber es funktioniert immer noch alles wie geschmiert", blickt der gebürtige St. Huberter liebevoll durch sein "Arbeitszimmer", wo gusseiserne Mechanik aus besseren Bahnzeiten, Biedermeierfraktur-Buchstaben und jede Menge Knöpfchen und Schalter das Bild bestimmen. Für den unbedarften Laien, der das erste Mal hier oben ist, ein unübersichtliches Labyrinth, für den Experten eine bis ins kleinste ausgetüftelte Technik-Station, wo jedes Rädchen ins andere greift.

Im Stellwerk ist der technische Fortschritt erkennbar

Und wo immer mehr moderne Technik Einzug hält: Das Computerprogramm LeiBit dokumentiert Ankunft und Abfahrt der Züge, über das Telefon-System GSMR kann er deutschlandweit jeden Zugführer in Sekunden erreichen.

"Hier hängen schließlich viele Menschenleben dran", ist sich der Präzisionsarbeiter bewusst, dass Dinge wie Radio, TV, Bücher oder Laptop während der zehnstündigen Schicht absolut tabu sind.

Am Dienstag dieser Woche musste ein Niers-Express wegen eines Notfalls 19 Minuten auf dem Bahnübergang stehen - "da war hier der Teufel los". Die rote Notruftaste habe er in all den Jahren vielleicht 30 Mal gedrückt, schätzt Räthel.

Doch nicht nur in diesen brenzligen Fällen ist er so etwas wie der Schutzengel der Kempener Bahnreisenden.

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