Kramer-Museum: „Das Haar der Maria zu sehen“

Im Kramer-Museum ist ab sofort die Ausstellung „Das Haar der Maria zu sehen“.

Kramer-Museum: „Das Haar der Maria zu sehen“
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Durch den etwa zwei Meter hohen Nachbau des Kuhtors gelangt man in die Sonderausstellung „Das Haar der Maria“ im Städtischen Kramer-Museum Kempen an der Burgstraße (die WZ berichtete). Direkt daneben ist die Inschrifttafel der Kempener Burg zu sehen, die in gotischer Schrift verkündet, dass das Bauwerk von 1396 bis 1400 errichtet wurde. Gegenüber ist ein Ölgemälde von Thomas von Kempen zu bewundern, an der Wand ist sein Zitat „Die viel Wallfahren gelangen selten zur Heiligkeit“ angebracht.

Die Ausstellung, die am Sonntag eröffnet wurde, beschäftigt sich mit einem wichtigen Kapitel der Kempener Stadtgeschichte — der Marienwallfahrt. Durch den Reichtum der Stadt konnte die neue Pfarrkirche St. Mariae Geburt mit wertvollen Objekten ausgestattet werden und wurde so Anziehungspunkt für Pilger weit über die Kempener Stadtgrenze hinaus. Ein Partikel des angeblichen Haares der Maria, der 1473 in die Pfarrkirche kam, und ein Ablassbrief aus dem Jahre 1470 machten die Thomasstadt zu einem Zentrum für Wallfahrer. Diese beiden Reliquien bilden jetzt das Herzstück der Ausstellung.

„Die Urkunde wurde den Pilgern gezeigt und ist in einem dementsprechenden Zustand“, sagt Museumsdirektorin Elisabeth Friese. Nur eins der ursprünglich 13 Siegel der Kardinäle konnte nachgebildet werden, das Pergament hat mehrere Löcher. Der Ablassbrief beschreibt genau, was die Pilger tun mussten, damit ihre Sünden vergeben wurden. Nach der Beichte, reichlich Almosen an die Kirche und einem Gottesdienstbesuch wurde den Wallfahrern 100 Tage Ablass von Sündenstrafen gewährt. „Wirtschaft und Religion waren während des Mittelalters stark miteinander verwoben, und viele profitierten von den zahlreichen Pilgern in der Stadt“, so die Museumsdirektorin.

Das Gnadenbild „Madonna mit der Traube“, aufgestellt in der Kirche, das mit einem Haar der Muttergottes versehen wurde, machte Kempen endgültig zu einem Zentrum der Wallfahrt am Niederrhein. Ein Abbild davon ist neben dem Ablassbrief ausgestellt. „Wahrscheinlich ist das Haar in der Mantelschnalle des Umhangs von Maria versteckt. Allerdings haben wir dieses Haar noch nicht gefunden“, sagt Friese und lacht. Jedoch gibt es eine Bestätigungsurkunde: Danach wurde das Haar tatsächlich eingearbeitet.

Auch zur Wallfahrt im Allgemeinen sind Stücke in der Ausstellung zu finden — unter anderem ein Pilgerhorn, eine Trinkflasche und die Nachbildung eines Pilgerzeichens. Im dritten Raum werden Reformation und Gegenreformation in Kempen thematisiert, die das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben in der Stadt nachhaltig veränderten. Mit dem Einzug der Franziskaner in Kempen war der Katholizismus wieder erstarkt, und Kempen akzeptierte keine Andersgläubigen mehr in der Stadt. Kevelaer löste die Thomasstadt schließlich als Wallfahrtsort ab.

Die Sonderausstellung ist vorbereitend für die Neugestaltung des ersten Kreuzgangs in Richtung Paterskirche. „Die Objekte, die zur Zeit dort zu sehen sind, werden durch einzelne Stücke aus der ersten Etage ersetzt, und im Raum gleich hinter dem Kreuzgang wird das Thema Reformation aufgegriffen“, sagt Elisabeth Friese.

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