Über den Dächern Kempens

Auf der Paterskirche hat WZ-Reporterin Ulrike Theis den Handwerkern über die Schulter geschaut.

Kempen. Auf der Paterskirche arbeiten die Dachdecker in luftiger Höhe, rund 27 Meter über dem Erdboden. Die ersten 17 Meter sind leicht überwunden. Auf dem Gerüst hat man noch recht festen Boden unter den Füßen. Auch wenn die Bretter leicht schwingen, ist man doch von allen Seiten vor dem Absturz geschützt. Die letzten zehn Meter bis zum First muss man auf einer schmalen Holzleiter überwinden.

"In den ersten Tagen hat man noch Respekt. Dann setzt die Gewohnheit ein", erklärt Dachdecker Thomas Lehnen. Seine Firma hat den Auftrag für die Renovierung der Paterskirche bekommen.

Bei meiner Erstbesteigung habe ich Respekt. Ein leichter Wind weht mir um die Nase und die Sonne scheint. "Das nächste Mal aber nicht leer hoch gehen", lachen mir gleich mehrere Dachdecker zu, als ich auf der obersten Ebene angekommen bin. Die Männer bearbeiten auf dem obersten Gerüst den Schiefer und schultern bei jedem Aufstieg 25 bis 30 Platten des Gesteins. Ich bin schon froh, dass ich es alleine hoch geschafft habe und das ich mich halten kann. Kein Netz und kein Seil schützt auf dem Brett vor dem Fall.

Für den Ausblick hat sich der Nervenkitzel gelohnt. Kempen liegt ruhig zu meinen Füßen. Die Kirchen, die Mühle, das Kuhtor - aus der Vogelperspektive sieht alles ganz verträumt aus. Die St. Huberter Kirche und selbst Krefelder Hochhäuser kann man in der Ferne erkennen.

"So ein Dach zu decken ist etwas besonderes", schwärmt Thomas Lehnen von der Arbeit an der Paterskirche. "An der Technik hat sich seit 100 Jahren nichts geändert." Der Schiefer wird heute schon in fertiger Form angeliefert. Dann werden die Platten festgenagelt, so dass sie sich gegenseitig ein Stück überlagern. Bei der altdeutschen Schieferdeckung, die Thomas Lehnen und seine Männer auf dem Paterskirchen-Dach anwenden, variieren die Platten bei ihrer Überlagerung in Höhe und Breite. Nach oben hin nimmt die Höhe der einzelnen Reihen ab. "Man muss kreativ und vorausschauend arbeiten", erklärt Thomas Lehnen.

Rund zwölf Tonnen haben die Arbeiter seit Anfang Februar auf dem 319 Quadratmeter großen Dachstück über dem Altarraum verarbeitet. Besonders an den Kanten müssen die Männer noch selbst Hand anlegen und die Schieferplatten in die richtige Form bringen.

Dazu wird die so genannte Haubrücke, ein flacher t-förmiger Hammer mit spitzem Fuß, fest in den Bretterboden geschlagen und die Platte daraufgelegt, die dann mit dem Schieferhammer bearbeitet wird. Ein paar gekonnte Schläge und die vormals eckige Platte ist rund. Bei den Fachleuten geht das so schnell, dass ständig Schieferstücke durch die Luft fliegen.

"Ich habe 24 Jahre Berufserfahrung", erklärt der 40-jährige Thomas Lehnen seine flinken Schläge. Vor knapp zwei Jahren hat er sich selbstständig gemacht und beschäftigt nun acht Mitarbeiter. Seine Frau Heidrun Schaller-Lehnen ist auch im Dülkener Betrieb aktiv.

Neben dem neuen Schiefer wurde auch das Kreuz an der Spitze der Paterskirche restauriert, die Kugel darunter wurde neu vergoldet, mit 24-karätigem Blattgold. Am Samstag sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

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