Valentina Lisitsa wird zur „Teufelspianistin“

Nach einem getragenen Beginn stimmt im zweiten Teil die Mischung: Viel Beifall für die gebürtige Ukrainerin.

Kempen. Ein guter Ruf eilte Valentina Lisitsa voraus, und so kamen aus halb Nordrhein-Westfalen am Sonntagabend die Zuhörer zu ihrem Konzert in der Paterskirche. Mit einer Chaconne in d-moll von Johann Sebastian Bach — bearbeitet von Ferruccio Busoni (1866-1924) — begann die in den USA lebende gebürtige Ukrainerin ihr Konzert. In der Bearbeitung von Busoni erklingt das ursprünglich barocke Werk weicher und voluminöser, was Lisitsa durch den reichlichen Einsatz des Pedals noch unterstrich. Bach’sche Transparenz in der Melodieführung wurde spätromantisch verschleiert.

Ein umfangreicheres Werk folgte: die Symphonischen Etüden op. 13 von Robert Schumann. Getragen, langsam, fast zum Mitschreiben spielte die Solistin das Thema, an das sich zwölf Variationen anschlossen. Bei den Passagen im Fortissimo wurde es hin und wieder schwierig, dem Spiel der rechten Hand zu folgen; so gingen manche Feinheit und einiges von der Struktur der Variationen unter. Man konnte den Eindruck bekommen, dass Lisitsa sich nicht mit dem Instrument vertraut machen konnte.

Den zweiten Teil des Programms bestimmte eine bunte Mischung aus Werken von Johannes Brahms (op. 10, 76, 116, 118, 119). Schaute man jedoch auf die Tempobezeichnungen der Auswahl, dann fällt auf, dass langsamere Stücke den Schwerpunkt bildeten. Schon beim ersten Andante nach einer schottischen Ballade tat sich eine andere Klangwelt auf: feine Differenzierungen, ein einfühlsames Spiel, zarte Klangbilder wie tönende Pastelle. Da ist sie, die international bekannte und erfolgreiche Pianistin!

Lyrisch, melancholisch — fein wurden jetzt die musika-lischen Stränge geflochten und das hohe Niveau der Solistin wurde deutlich. Auch der Steinway kam besser zur Geltung. Da war nun alles, was man im ersten Teil des Konzerts vermisst haben konnte.

Im Piano und Mezzoforte ließen sich die atemberaubend schnellen Läufe und Triller, Wirbelwinde über den Tasten, wunderbar verfolgen. Assoziationen an Paganini, den Teufelsgeiger, kamen auf. In der Paterskirche lauschte man einer „Teufelspianistin“ mit ihren rasanten Läufen und Wechseln zu lyrischen, romantischen Passagen.

Damit nahm Lisitsa das Publikum in Kempen nun restlos für sich ein. Den langen begeisterten Applaus belohnte sie mit zwei Zugaben, die ihre Fähigkeiten noch einmal eindrucksvoll widerspiegelten.

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