„Wie Kempen sich entwickelt hat, ist doch großartig“

Ehrenbürger Karl-Heinz Hermans erinnert sich an den Verlust des Status als Kreisstadt.

Kempen. „Politisch hatte ich da zwar noch nichts mit der Verwaltung am Hut. Das Ganze war aber Thema Nummer eins in Kempen.“ Insofern kam auch Bäckermeister Karl-Heinz Hermans nicht um die Diskussionen herum: Mitte der 70er Jahre sollte Kempen seinen Status als Kreisstadt verlieren. Das nicht sonderlich geliebte Viersen sollte zum Sitz des Kreisverwaltung werden. Aus dem Konjunktiv wurde Realität: Seit 1975 gibt es den Kreis Viersen und somit die Kreisstadt Viersen. Zum 40-jährigen Bestehen erinnert sich Karl-Heinz Hermans — aus Sicht des Kempener Ehrenbürgers.

„Die Kempener waren in großer Sorge, dass der Verlust des Kreissitzes ein Problem wird“, so Hermans. Damals sicher zurecht: „Viele Beamte wohnten in Kempen. Sie mussten dann entweder fahren oder nach Viersen ziehen.“

Und dann ging es ja auch noch um den Verlust eines majestätischen Status: Das „Königreich Kempen“ (KK) auf den Nummernschildern wurde durch „VIE“ ersetzt. „Dieses Thema fiel genau in meine Zeit als Karnevalsprinz von 1974 bis 1977“, erinnert sich Hermans. Im Rosenmontagszug 1974 war „KK“ somit ein gerne gewähltes Motto. Bei einem Wagen ging es laut Hermans zum Beispiel darum, dass aus den „Kemp’sche Kappesköpp“ (auch dafür stand „KK“ im Volksmund) bald „Kaiser’s Kaffee“ aus Viersen werde.

40 Jahre später steht die Viersener Lebensmittelmarke vor dem Aus und das „KK“-Kennzeichen ist gerade wieder eingeführt worden. Dass das Nostalgieschild vor allem bei den Kempenern so beliebt ist — es gibt schon fast 9000 Stück —, freut Hermans: „Ich bin vor allem fasziniert, dass junge Leute das wollen. Mein Enkel ist 19, der möchte bald auch eins auf dem Auto haben. Dem musste ich erstmal erklären, dass ,KK’ gar nichts mit einem Königreich zu tun hat.“ Die Zuneigung zum „KK“ hat für Hermans aber nichts mit einem Affront gegen Viersen zu tun: „Viersen ist die Kreisstadt. Alles ist so in Ordnung.“

Anno 2015 sieht der Ex-Bürgermeister und Ehrenbürger die Entwicklung Kempens positiv — auch ohne den Status als Kreisstadt: „Wie Kempen sich entwickelt hat, ist doch großartig. Die Verantwortlichen in den 70er Jahren haben das Aus als Kreisstadt als Chance gesehen — und genutzt.“ Vor allem dem langjährigen Stadtdirektor Klaus Hülshoff sei dies zu verdanken. „Die Altstadtsanierung und die Entwicklung der Industriegebiete waren der Schlüssel“, so Karl-Heinz Hermans.

Der 85-Jährige ist auch der Meinung, dass St. Hubert und Tönisberg, die Kempen bei der Neugliederung im Kreis Viersen zugeschlagen wurden, gut in die Thomasstadt passen: „Früher kannten die Kempener Tönisberg nur von Schulausflügen zur Windmühle. Aber inzwischen passt das doch.“

Seitdem das alte Kreishaus in der Altstadt dem Wohn- und Geschäftszentrum Klosterhof weichen musste, ist die Burg so etwas wie die letzte Festung des Kreises Viersen in Kempen. Sowohl Kreis- als auch Stadtverwaltung wünschen sich eine andere Nutzung für die Burg, in der das Archiv untergebracht ist. „Tja, die Burg“, sagt Karl-Heinz Hermans und holt tief Luft. „Eine andere Nutzung wäre toll. Aber da muss jemand kommen und sehr viel Geld mitbringen.“

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