Behinderte: Jeden Tag ein neuer Kampf

Im neuen Netzwerk sollen die Probleme der Betroffenen diskutiert werden.

Nettetal. Mut gehört dazu: „Ich kämpfe mich durch jeden Tag“, gestand eine Frau aus Lobberich, durch einen Tumor behindert, halbtaub. Sie war nicht die einzige: „Ich habe mein Leben lang immer zuerst versucht, mir selbst zu helfen, dann erst zu fragen“, erzählte eine Kaldenkirchenerin.

Beide wollten ihren Problemen Gehör verschaffen, sich gemeinsam mit anderen für die Rechte behinderter Mitbürger einsetzen. Dafür kamen sie zum Gründungstreffen des Nettetaler Netzwerks für Behinderte am Donnerstagabend ins Rathaus.

Schon wieder ein Netzwerk? „Dieses Netzwerk war längst überfällig“, stellte Sozialdezernent Armin Schönfelder gleich klar. Zusammen mit der Behindertenbeauftragten Dagmar Tohang freute er sich über rund 30 Teilnehmer: Vertreter von Stadt und Wohlfahrtsverbänden, Behinderten-Einrichtungen und Vereinen waren dabei, fast die Hälfte aber waren behinderte Bürger und ihre Angehörigen.

Zwar begrüßte Schönfelder auch die Mitglieder des Rates — der aber glänzte fast komplett durch Abwesenheit: Lediglich Hajo Siemes (WIN) war gekommen, der den Anstoß für die neue Stelle einer ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten gegeben hatte. Jede Menge Aufgaben wurden im Netzwerk erarbeitet. An erster Stelle stand das Sammeln von Informationen: Wie viele Nettetaler sind auf welche Art behindert? Wo gibt es Rat und Hilfe? Wie steht es um das Wahlrecht zum Beispiel für geistig behinderte Mitmenschen?

Eine Arbeitsgruppe um Dagmar Tohang und Michael Theven vom Sozialamt soll die Gebäude begutachten, die für das Siegel „NRW ohne Barrieren“ infrage kommen. Nicht dabei sein dürfte eine renommierte Gaststätte ohne behindertengerechte Toiletten: Ein Teilnehmer berichtete, eine Rollstuhlfahrerin „musste da in einen Eimer machen“.

Konkret ging es um Ausbildungsplätze für junge Behinderte: Bei einer Schreinerei, hieß es, sei ein solcher Platz schon einige Zeit unbesetzt; wie es bei anderen Firmen aussieht, wird geklärt.

Als „unsere kleine Nettetaler Behinderten-Konvention“ lobte Schönfelder das neue Netzwerk. Das bewies gleich, dass es auch praktische Hilfe leisten kann: Als die halbtaube Lobbericherin meinte, sie sei nach einem langen Tag „völlig platt“, bot sich gleich ein Kaldenkirchener an: „Ich fahre Sie nach Hause.“

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