Großbauer vor Gericht: Leben Berta und Frieda tatsächlich getrennt?

Am Landgericht Krefeld ging es am Donnerstag um die Kuh. Der Zoll beschuldigte einen Großbauern, trickreich Steuern hinterzogen zu haben. Ein Verdacht, der widerlegt wurde.

Krefeld/Nettetal. Nach mehr als zehn Jahren fand am Donnerstag vor der Wirtschaftskammer des Landgerichtes Krefeld ein bizarrer Rechtsstreit um die Kuh sein Ende. In Nettetal, auf einem der größten Milchwirtschaftsbetriebe in Nordrhein-Westfalen, leben einige hundert Kühe. Die Besitzer, das Ehepaar Müller (Name geändert) geriet in die Fänge des Zolls, der von den Milchbauern mehr als vier Millionen Euro an Steuernachzahlungen forderte.

Neben seiner eigenen Referenzmenge an Milch wurde dem Bauern schon Anfang der 1990er-Jahre eine zweite Menge für seine Frau genehmigt. So konnte das Ehepaar auf dem Hof mehr Milch produzieren. Nach gültigem EU-Recht müssen dazu allerdings die Kuhherden vor Ort bei der Milchproduktion getrennt werden. Das heißt, Kuh Berta von Frau Müller darf erst in die automatische Melkmaschine, nachdem Kuh Frieda von Herrn Müller gemolken wurde. Zusätzlich muss die Milch getrennt gelagert und transportiert werden. An diese Vorgabe hielt sich das Paar, führte getrennte Bücher, hatte getrennte Konten und auch getrennte Ställe für die zwei Kuhherden.

Da sich jedoch im Laufe der Zeit die Ohrmarken- und Halsband-Nummern der beiden Herden vermischten, schöpfte der Zoll verdacht. Werden die Kühe gar nicht getrennt gehalten? Was das Amt nicht bedachte: Die Nummern haben für die Aufteilung der Kühe nach Herde eins und Herde zwei gar keine Bewandtnis, wie das Gericht feststellte. Denn die Kühe leben und lebten tatsächlich in zwei verschieden Ställen. Auch für eine andere Unregelmäßigkeit gab es eine einfache Erklärung. Dem Zoll war bei Kontrollen aufgefallen, dass an manchen Tagen 15 000 Liter Milch abgeholt worden waren, obwohl der größte Tank des Betriebes nur 9000 Liter fasste. Der Abholer war an den besagten Tagen jedoch zweimal vorbeigekommen, morgens und abends.

So entschied das Finanzgericht Düsseldorf im November des vergangenen Jahres zugunsten des Ehepaares Müller und rügte: „Das Zollfahndungsamt hat unzureichend ermittelt.“ Zumal auch bei den Milch-Untersuchungen des Veterinäruntersuchungsamt alles darauf hin deutete, dass Berta und Frieda in strikter Trennung lebten. Wurden in der Milch des Hofes beispielsweise Rückstände von Hemmstoffen gefunden, kam dies nur in Bertas Herde vor, nie zur gleichen Zeit in beiden. So sah es auch die Kammer des Landgerichtes Krefeld und sprach die Milchbauern im Strafverfahren frei. Wichtig sei nur die Frage der getrennten Milchmelkung, Milchlagerung und des getrennten Transportes. Mit einem Lächeln auf dem Lippen verließen die Müllers den Gerichtssaal, nachdem die Familie jahrelang „durch die Situation sehr belastet“ war, wie einer der Verteidiger erklärte.

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