Kaldenkirchener bietet Pegida-Aktivisten die Stirn

Stephan Orth erhält einen Preis für seinen Aufruf zur Gegendemonstration in Münster, dem 10 000 Menschen folgten.

Kaldenkirchener bietet Pegida-Aktivisten die Stirn
Foto: privat

Nettetal. Ob in Bonn, Düsseldorf oder Köln, das Lager der Gegner ist bisher stets um ein Vielfaches größer als das der Pegida-Demonstranten. So auch in Münster, wo sich am Montag vergangener Woche etwas Außergewöhnliches ereignete. Eine präventive Anti-Pegida-Veranstaltung, die zu „Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Vielfalt“ aufrief, brachte mehr als 10 000 Menschen auf die Straßen. Das Internet, viele engagierte Helfer und der 22-jährigen Theologiestudent Stephan Orth aus Kaldenkirchen hatten die Massen mobilisiert.

Bereits vor Weihnachten rief Orth auf der von ihm gründeten Facebook-Seite „Münster gegen Pegida“ zum Widerstand auf. Er meldete bei der Stadt eine Demonstration an. In der Stadt des Westfälischen Friedens sollte ein Zeichen der Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Vielfalt gesetzt werden.

Orth erklärte, er habe sich einfach sehr über folgenden Kommentar geärgert, den er auf der „MünGIDA“-Seite las: „In meinem Deutschland wird Weihnachten gefeiert, wem das nicht passt, soll zurückschwimmen“. Sofort habe er seine Facebook-Seite eingerichtet. Bis zum nächsten Tag hätten mehr als Besucher der Seite per „Gefällt mir“-Funktion ihre Zustimmung ausgedrückt. Nach reiflicher Überlegung wollte er das Projekt auf die Straße bringen — noch bevor die Gegenseite dies hätte tun können, sagt Orth.

Allerdings: Am Freitag vor der Veranstaltung wurden die Kosten für Technik, Bühne und vieles mehr mit mindestens 2000 Euro kalkuliert. Und Geld stand dafür zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung. „Durch viele eifrige Spender wurden aber bis zur Demonstration bereits mehr als 1000 Euro gesammelt“, sagt Orth.

Die Zahl der Unterstützer wuchs: Kirchenvertreter und Politiker meldeten sich, Musiker wie Steffi Stephan („Panikorchester“) oder Zoodirektor Jörg Adler. Während der Veranstaltung verschlug es Stephan Orth während seiner Rede oft die Sprache angesichts der breiten Zustimmung der Menschen für die Aktion, erzählt er.

Am Mittwoch darauf kam ein Anruf: Da wolle ihn jemand mit der Rektorin verbinden. Orth fragte, von welcher Schule denn? Es war keine Schule, sondern vielmehr die Rektorin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Prof. Dr. Ursula Nelles. Sie wollte Stephan Orth beim Uni-Neujahrsempfang mit einem Sonderpreis des Rektorats ehren.

Die Universität stehe voll und ganz hinter den Anliegen von Orth, sagte sie. 1000 Euro gab die Universität obendrein, Orth möchte sie für sein Projekt einsetzen.

Am Mittwoch reist Stephan Orth nach Berlin. Vizekanzler Sigmar Gabriel hat ihn und weitere Bürger aus Kirche, Politik und Gesellschaft, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit wenden, zu einem Gedankenaustausch ein.

Auch auf die Straße will Stephan Orth bald wieder gehen, die Umstände scheinen es zu verlangen: Für den 30. Januar, wenn sich die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten zum 82. Mal jährt, soll eine Demonstration von Pegida in Münster geplant sein. Die Planungen für eine friedliche Gegendemo jedenfalls finden bereits statt, erzählt Stephan Orth.

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