Millionenprojekt geplatzt: Kein Mineralwasser aus Nettetal

Weil die Tonschichten im Boden durchlöchert sind, ist die Qualität des Wassers nicht gesichert. Der Investor zieht sich zurück.

Breyell. Das Wasser in Speckerfeld is joot — aber trotzdem wird die Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke GmbH (MEG) dort kein Mineralwasserwerk bauen. Das gab die Tochter-Firma des Discounters Lidl am Dienstag bekannt.

Damit sind die Pläne gestorben, Belgien, Luxemburg, die Niederlande und Westdeutschland mit Wasser und Limonaden „Made in Nettetal“ zu versorgen. Geplatzt ist auch der Traum von bis zu 200 neuen Arbeitsplätzen. Und die vage Hoffnung, die MEG könnte vielleicht eines fernen Tages ihre Zentrale aus Weißenfels (Sachsen-Anhalt) nach Nettetal verlegen . . .

In den vergangenen sechs Wochen hat die MEG einen so genannten Mengen-Pumpversuch auf dem Acker zwischen Bundesstraße 7 und Autobahn 61 südlich der AJL-Tankstelle durchgeführt. Damit sollte der Ernstfall simuliert werden: Ob die drei ins Auge gefassten Quellen genügend Wasser für die spätere Produktion hergeben. Und ob die Qualität einwandfrei ist.

Dass das Wasser im ersten Grundwasserstock (zehn bis 15 Meter Tiefe) in Speckerfeld Nitrate enthält, war allen Beteiligten bekannt. Auch, dass der zweite Grundwasserstock (36-40 Meter) nicht lupenrein ist. Aber nach bisherigen Untersuchungen waren die Experten davon ausgegangen, dass Tonschichten ein Durchsickern verhindern.

Doch nun wurde an den drei Entnahmestellen im dritten Grundwasserstock in 100 Metern Tiefe festgestellt, dass die Tonschichten durchlöchert sind. Damit ist nicht mehr gewährleistet, was die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung zwingend vorschreibt: eine geschützte Lage des Mineralwasser-Vorkommens.

„Das ist ein absolutes K.-o.-Kriterium, welches den Bau und Betrieb eines Mineralwasserwerkes in Nettetal ausschließt“, sagte MEG-Geschäftsführer Jörg Aldenkott. Langfristig sei die nötige Qualität nicht gewährleistet.

Damit ist sechs Jahre nach den ersten Gesprächen ein Projekt gestorben, das große Teile der Politik stets mit Skepsis begleitet hatten (siehe Kasten). Und in das Bürgermeister Christian Wagner große Hoffnungen gesetzt hatte.

Entsprechend betroffen äußerte er sich am Dienstag: „Leider entgeht uns hier eine große Chance, für Nettetal als Industriestandort ein positives Signal zu setzen. Die vergangenen Jahre waren für den Wirtschaftsstandort Nettetal wegen der Verzögerung beim grenzüberschreitenden Gewerbegebiet Venete nicht einfach, so dass wir nun deutlich Nachholbedarf haben.“

Die Stadtwerke fördern das Trinkwasser in drei Werken in Kaldenkirchen (Grenzwald), Lobberich (Marfeld) und Breyell (Speckerfeld). Auswirkungen durch die MEG-Erkenntnisse sieht Wagner nicht: „Das Nettetaler Trinkwasser wird laufend überprüft.“

Zudem gebe es einen grundlegenden Unterschied: Mineralwasser dürfe nicht behandelt, Trinkwasser hingegen aufbereitet werden. Wagner: „Stoffe, die für Mineralwasser ein K.-o.-Kriterium sind, sind kein Problem für Trinkwasser.“

Kosten sind der Stadt und den Stadtwerken nach Angaben des Bürgermeisters durch das Lidl-Projekt bisher nicht entstanden, „wenn man von der Arbeitszeit der Mitarbeiter und mir absieht“. Alle Verträge, Untersuchungen und Planungen habe MEG bezahlt — insgesamt wohl ein sechsstelliger Betrag.

Wie im Vertrag festgelegt, wird MEG das Grundstück in Speckerfeld wieder an die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen zurückverkaufen. „Über die weiteren Perspektiven des Geländes werden in den kommenden Wochen unter Einbeziehung der Landesplanung Gespräche geführt werden“, sagt Wagner.

Sprich: Düsseldorf muss zustimmen, wenn das MEG-Areal als Erweiterung des Industriegebiets Speckerfeld genutzt werden soll.

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