Niedieck-Gelände: Wahrzeichen ist Geschichte

Lediglich Seil und Bagger waren nötig, um den Schornstein zu Fall zu bringen.

Niedieck-Gelände: Wahrzeichen ist Geschichte
Foto: Lübke, Kurt (kul)

Lobberich. Um den Hals des großen Niedieck-Schornsteins gebunden, sieht das massive Stahlseil aus wie ein Bindfaden. Nur wer das Seil bis ans andere Ende, das an die Schaufel eines Baggers gebunden ist, verfolgt, ahnt die Dimensionen. Etwa 300 Zuschauer auf dem Lidl-Parkplatz an der Niedieckstraße starren gebannt auf die Überreste der Firma, die der Straße ihren Namen gegeben hat.

Um exakt 15.10 Uhr setzt der Bagger zurück. Lange ziehen muss er nicht: Ein kurzer Ruck genügt und der Schornstein brich fast freiwillig in sich zusammen. Sekunden später ist ein Wahrzeichen Lobberichs Geschichte. Verhalten applaudiert die Menge. „Das war Niedieck“, ruft ein Zuschauer.

Dass der Jubel nicht laut ist, liegt nicht daran, dass der Abriss des Schornsteins nicht imposant ist. Wehmut ist der Grund: „Hier haben so viele Leute gearbeitet. Glanz und Gloria — aber alles ist irgendwann vorbei“, sagt Christa Leyendeckers aus Grefrath. Auch — mittlerweile verstorbene — Familienangehörige von ihr waren bei Niedieck beschäftigt.

„Niedieck war ein Symbol für Wohlstand und Arbeitsplätze. Es erinnert an die guten Zeiten der Lobbericher Textilbranche“, erklärt Karnevalsprinz Wolfgang Koch den Wehmut. Er und Prinzessin Anna haben zu ehren Niediecks das Samt-Kostüm an.

Ungeachtet dieser Rührseligkeit schreiten die Abrissarbeiten auf dem Niedieck-Gelände zügig voran. „Anfang des Jahres haben wir richtig losgelegt“, sagt Merlijn Güppertz von der Firma Laarakkers aus Rheinberg. Zunächst wurden die offensichtlichen Schadstoffe wie Asbest aus den leerstehenden Gebäuden und vom Gelände entfernt. Dann begann der oberirdische Abriss, dem am Mittwoch auch der Schornstein zum Opfer gefallen ist. Bis Ende März soll dieses Phase beendet sein. Ein straffes Programm? „Ja, wir müssen richtig Gas geben, aber werden das schaffen“, sagt Güppertz.

Die Eile hat einen Grund: Aus Gründen des Artenschutzes bleibt für den Abriss nur ein kleines Zeitfenster. Güppertz: „Ab April kommen die Fledermäuse zurück, dann müssen wir fertig sein.“ Nach dem oberirdischen Abriss folgt die Entfernung von Fundamenten und zwei Kellergeschossen.

Danach wird es spannend: Erst wenn die Keller weg sind, können die entscheidenden Messungen durchgeführt werden. Dabei wird sich herausstellen, wie aufwendig die Bodensanierung wird. „Aber bis jetzt machen wir uns deshalb überhaupt keine Sorgen. Nach den bisherigen Messungen erwarten wir nichts Gravierendes“, ist Güppertz optimistisch.

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