Pierburg zieht nach Neuss — aber keine Kündigungen

Möglichst viele Mitarbeiter aus Lobberich sollen mit ins neue Werk. Auch nach dem Umzug im Herbst 2014 soll in Nettetal noch produziert werden.

Lobberich/Neuss. Klar ist es schon seit Wochen, offiziell seit Mittwoch: Pierburg baut ein neues Produktionswerk im Neusser Hafen — und verlässt Lobberich. Dies gab der Automobil-Zulieferer am Mittwochnachmittag bei einer Pressekonferenz im Neusser Stammwerk bekannt.

Damit schließt nach dem Samt-Hersteller Niedieck, dem Teppichboden-Produzenten-Longlife, nach Rokal und Hansa (Sanitär-Armaturen) der letzte große industrielle Arbeitgeber in Lobberich.

Zu den besten Zeiten standen Tausende bei den Firmen in Lohn und Brot. Rokal brachte es auf bis zu 2300 Beschäftigte, Niedieck auf 2000. Doch dies ist schon längst Vergangenheit. Pierburg hat an der Robert-Kahrmann-Straße derzeit noch knapp 400 Mitarbeiter.

„Wir haben heute Fakten geschaffen mit der Unterzeichnung des Kaufvertrags mit der Stadt Neuss“, sagt am Mittwoch Folke Heyer, Pressesprecher von Pierburg. Für einen zweistelligen Millionen-Betrag — genauer wollte die Geschäftsführung nicht werden — wird auf einer seit 15 Jahren brach liegenden Fläche ein Werk für 600 Mitarbeiter gebaut. Dafür werden die zwei alten Produktionsstandorte in Neuss (zurzeit 300 Stellen) und Lobberich (400) aufgegeben.

Obwohl es ab Herbst 2014 rein rechnerisch 100 Stellen zu viel gibt, soll es keine betriebsbedingten Kündigung geben. Dabei wird ausgenutzt, dass 270 Beschäftigte bis zum Jahr 2018 das Rentenalter erreichen. „Ziel ist es, eine möglichst große Zahl an Mitarbeitern aus Nettetal für den neuen Standort zu gewinnen“, steht in der Presseerklärung.

Kein Problem sei die Entfernung zum neuen Arbeitsplatz, hieß es am Mittwoch bei der Pressekonferenz. Die mehr als 40 Kilometer von Lobberich nach Neuss seien „mit öffentlichen Verkehrsmitteln in sehr bequemer Form zu erreichen“, so die Geschäftsführung. Schließlich werde noch eigens eine Brücke gebaut, damit das neue Pierburg-Werk vom Hauptbahnhof auf kürzestem Weg zu Fuß erreicht werden kann.

Laut Fahrplan-Auskunft der Bahn gibt es eine direkte Zugverbindung vom Haltepunkt Breyell nach Neuss; Fahrzeit: 41 Minuten. Ob sich die Firma an den zusätzlichen Fahrkosten beteiligt, soll bei den Verhandlungen zum Interessenausgleich mit dem Lobbericher Betriebsrat geklärt werden.

Nettetaler Beschäftigte sind auch schon jetzt im alten Neusser Werk begehrt. Weil es in Lobberich zu wenig und in Neuss zu viel Arbeit gibt, sollen um die 30 Mitarbeiter so schnell wie möglich wechseln.

Aber auch wenn im Herbst 2014 das neue Werk seinen Betrieb aufnimmt, geht in Lobberich wohl noch nicht direkt das Licht aus. Einige wenige Produkte, für die sich ein Umzug nicht lohnt, sollen auch darüber hinaus an der Robert-Kahrmann-Straße hergestellt werden. Doch Details — wie lange bleiben wieviele Mitarbeiter — könne man erst im Laufe des Jahres nennen.

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