Zwickmühle: Kinder- oder Datenschutz?

Beim Netzwerk „Frühe Hilfen Nettetal“ informierten sich Erzieher über Wege durch den Paragrafen- Dschungel.

Zwickmühle: Kinder- oder Datenschutz?
Foto: Joachim Burghardt

Nettetal. In die Zwickmühle können Erzieher leicht geraten, wenn sie einen Fall von Kindesmisshandlung vermuten: „Bei einem Verdacht darf ich eigentlich einen Kinderarzt nicht fragen, ob er auch Auffälligkeiten bei einem Kind entdeckt hat, und der Arzt dürfte mir auch nichts sagen“, sagte Andreas Zorn. Der Leiter des DRK-Familienzentrums Lobberich und seine Kollegen sind nämlich an den Datenschutz gebunden. Wie trotzdem der Kinderschutz nicht zu kurz kommt, darum ging es am Mittwoch in der Werner-Jaeger-Halle.

„Kooperation im Kinderschutz unter Berücksichtigung des Datenschutzes“ war das Thema des Fachtags, den das Netzwerk „Frühe Hilfen Nettetal“ veranstaltete. Erzieher und Krankenschwestern, Ärzte und Sozialpädagogen — weit über 100 Fachleute, die im Alltag mit Kindern zu tun haben, waren aus Nettetal und Umgebung nach Lobberich gekommen. Sie erhofften sich Aufklärung und Hilfestellung in einer komplizierten Thematik.

„Ich bin dem Kindeswohl verpflichtet, muss den Kinderschutz beachten, aber genauso den Datenschutz“, sagte Referent Hans-Jürgen Schimke. Als stellvertretender Vorsitzender des Kinderschutzbundes NRW und Professor für Recht in der Sozialpädagogik wies Schimke Wege durch den Paragrafendschungel auf: „Nur wenn man sich in der Praxis rückversichert, mit anderen Institutionen sorgfältig abstimmt, kann man vermeiden, gut gemeinte, aber juristisch heikle Manöver zu starten.“

Genau da kommt das Netzwerk „Frühe Hilfen Nettetal“ ins Spiel: Das Jugendamt hat eine Initiative gegründet, in der zum Beispiel Kindertageseinrichtungen, Schulen und Verbände, Kliniken und Arztpraxen vernetzt sind. „Wir bieten uns als Kontakt- und Beratungsstelle an“, erläutert Beate Koß, die im Familienbüro des Jugendamtes das Netzwerk koordiniert. Hat zum Beispiel ein Lehrer die Vermutung, ein Kind werde vernachlässigt, kann er der Kontaktstelle den Fall schildern — aus Datenschutzgründen zunächst anonymisiert. Koß und ihre Kollegen beraten, schalten sich, sofern nötig vertraulich und anonym ein. Erhärtet sich der Verdacht, kann der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamtes aktiv werden. „Ein guter Weg“, bewertete Referent Schimke das Nettetaler Modell: Kinderschutz und Datenschutz würden so gleichermaßen beachtet.

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