Betrüger waren spezialisiert auf Senioren

Die Polizei hat am Niederrhein eine Bande festgenommen. Bundesweit soll sie ältere Menschen bestohlen und betrogen haben.

Niederrhein. Ein Schlag gegen eine Bande mutmaßlicher Teppich- und Enkeltrickbetrüger ist der Polizei im Kreis Viersen gelungen. Nach jahrelangen Ermittlungen sitzen nun drei von fünf Hauptverdächtigen in Haft. Sie stammen aus Krefeld und Mönchengladbach. Ihnen wird vorgeworfen, in mindestens 70 Fällen im ganzen Bundesgebiet vornehmlich ältere Menschen betrogen und bestohlen zu haben.

Ausgelöst wurde das umfangreiche Ermittlungsverfahren im September 2009. Damals hatten zwei Männer in Tönisvorst versucht, einer 87-jährigen Frau minderwertige Teppiche zu überhöhten Preisen zu verkaufen.

Die Seniorin hatte das abgelehnt — und später festgestellt, dass die Teppichverkäufer Schmuck aus ihrer Wohnung gestohlen hatten. Die Kripo Willich, spezialisiert auf Diebstähle, bei denen ältere Menschen die Opfer sind, übernahm die Ermittlungen.

Im Laufe des Verfahrens stießen die Kriminalisten auf einen 45-jährigen Krefelder. Er soll mit weiteren Tätern, zum Teil seine Söhne, für den Diebstahl in Tönisvorst verantwortlich sein. Immer tiefer tauchten die Ermittler in die bandenmäßigen Strukturen der Teppichhändlerfamilie ein und konnten so mittlerweile 70 Fälle aufklären.

Immer wieder waren Senioren die Opfer, denen man die minderwertigen Teppiche teuer verkaufte, sie mit fiesen Tricks bestahl und ihnen Kreditkarten raubte. Quer durch ganz Deutschland war ihre Spur zu verfolgen. Denn immer wieder war von einem Pkw mit Krefelder Kennzeichen die Rede.

Auch von zwischenzeitlichen Pannen ließen sich die Täter nicht aufhalten. So wurden im Februar 2011 zwei damals 19 und 21 Jahre alte Männer aus dem Clan festgenommen. Sie hatten in Kempen versucht, einem älteren Ehepaar Teppiche zu verkaufen. Die angeblich aus einer Geschäftsaufgabe stammenden Teppiche waren mit Preisen von weit über 10 000 Euro ausgezeichnet. Laut Polizei waren sie aber nur wenige hundert Euro wert. Die Polizei konnte damals eine ganze Wagenladung dieser Teppiche sicherstellen.

Doch die Täter machten weiter. Bis jetzt in einem Sondereinsatz ein 40 Jahre alter Mann aus Mönchengladbach festgenommen werden konnte. Gegen diesen Mann wurde inzwischen die Untersuchungshaft aufgehoben, dafür sind vier Männer aus Krefeld festgenommen worden. Bei den entsprechenden Wohnungsdurchsuchungen fand die Polizei mehrere zehntausend Euro, wertvolle Uhren und Goldschmuck. Drei 45, 25 und 23 alte Männer wanderten in Untersuchungshaft, ein 32-Jähriger wurde von der U-Haft verschont.

Zu der Bande sollen auch noch weitere Personen gehören. In manchen Fällen sollen die teilweise miteinander verwandten Beschuldigten ihre elf Jahre alten Kinder zu den Straftaten mitgenommen und so angelernt haben, so die Polizei.

Wie hoch der Gesamtschaden ist, ist unklar. Die Polizei geht von mehreren zehntausend Euro aus. Gemeinsam mit Gerichtsvollziehern haben die Polizisten versucht, Vermögen der Beschuldigten zu sichten und zu pfänden, um damit gegebenenfalls den Schaden begleichen zu können. Die Verdächtigen und ihre Familien sollen zum Großteil von staatlicher Unterstützung gelebt haben.

Die Polizei geht davon aus, dass die mutmaßlichen Täter in tausenden weiteren Fällen versucht haben, Kontakt zu vornehmlich älteren Menschen bei der Suche nach „leichten“ Opfern aufzunehmen. Vielfach seien sie jedoch gescheitert, weil die Senioren Verdacht schöpften. Die Festgenommenen schweigen bislang zu den Vorwürfen. Sie lassen sich anwaltlich vertreten.

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