Die Sorgen der Bahnfahrer im Bus

Zwischen Viersen und Venlo fahren derzeit Busse statt Bahnen. Eine Fahrt mit dem Schienenersatzverkehr.

Die Sorgen der Bahnfahrer im Bus
Foto: Joachim Burghardt

Nettetal/Kreis Viersen. Zügig kommt der Linienbus angefahren. Er hält, die Türen öffnen sich. Ein junger Mann an der Haltestelle ruft dem Fahrer zu: „Ist das der Ersatzbus nach Viersen?“ Der Busfahrer schüttelt den Kopf und antwortet: „Nee, der kommt in ein paar Minuten.“ Rund ein Dutzend Fahrgäste wartet an der Haltestelle Leuther Straße vor dem Gebäude der Stadtwerke in Kaldenkirchen. „Eigentlich fahre ich immer mit dem Zug“, erzählt Sabrina Naujoks. Doch weil die Bahn nicht fährt, haben Busse den Betrieb übernommen. Schienenersatzverkehr heißt das, kurz SEV.

Patrick Lenssen

Seit Samstag ist die Bahnstrecke zwischen Viersen und Venlo wegen Gleisbauarbeiten gesperrt. Statt der Züge der Eurobahn-Linie RE 13 fahren auf dem Abschnitt Busse. Verkehrt die Bahn nur stündlich, fahren die Busse meist im 30-Minuten-Takt: Ein Bus fährt jeweils die Bahnhofshaltestellen Venlo, Kaldenkirchen, Breyell, Boisheim, Dülken und Viersen an — der nächste Bus, der Schnellbus, düst von Venlo und Kaldenkirchen aus über die Autobahn 61 ohne Halt nach Viersen.

An diesem Morgen kommt der Bus mit der Kennzeichnung „RE 13 — Schienenersatzverkehr Viersen — Schnellbus“ pünktlich um 7.57 Uhr. Im Bus sitzen schon Fahrgäste. „Man hat sich an die Bahn gewöhnt, ist irgendwie umständlich so“, meint Patrick Lenssen aus Venlo. Der junge Mann befürchtet, „dass alles was länger dauert“, doch diese Sorge scheint unbegründet zu sein. „Der Schnellbus fährt kaum länger als der Zug“, sagt Fahrer Mirko Schwinges. „Je nach Verkehr brauchen wir keine 20 Minuten von Kaldenkirchen nach Viersen.“

Seine Firma Rath-Reisen aus Viersen hat den Schienenersatzverkehr im Auftrag der Eurobahn übernommen. Geduldig beantwortet Schwinges die Fragen verunsicherter Fahrgäste. „Manche sind gar nicht informiert, andere fanden zunächst die Haltestelle nicht“, berichtet der Fahrer. Ein Problem allerdings: Selbst ein großer Gelenkbus hat nicht so viele Plätze wie ein Zug. „Mittags, wenn Schüler nach Hause fahren, viele Leute vom Einkaufen kommen, dann müssen wir schon mal einen zweiten Bus ordern“, erzählt Schwinges. Was zügig funktioniere, wie er sagt: „Wir machen das ja nicht zum ersten Mal.“

An diesem Morgen sind etwa 20 Fahrgäste im Bus. Der erste Schub fuhr schon früher in Richtung Viersen. Die Erfahrungen, die die Eurobahn-Kunden mit dem Schienenersatzverkehr machen, sind unterschiedlich.

Sabrina Naujoks

„Ist okay so, mir ist egal, ob ich mit Bus oder Bahn zur Schule nach Viersen fahre“, meint Shimay Desta. Anders sieht das Markus Skrotzky: „Am Montag kam ich viel zu spät zur Arbeit.“ Er habe nichts von der Streckensperrung gewusst, wartete vergeblich am Bahnhof, bis ihn der Fahrer eines Linienbusses aufklärte, wo die Haltestelle sei — „eben ein paar hundert Meter weiter“.

Für die Eurobahn ist so ein Vorfall die Ausnahme: „Wir haben geraume Zeit über die Änderungen informiert“, stellt Eurobahn-Sprecher Karsten Winter klar. Aushänge, Handzettel, Durchsagen und online — „mehr konnten wir kaum tun.“

Gut informiert fühlt sich Sabrina Naujoks aus Bracht: „Über die Änderungen steht ja alles im Internet.“ Allerdings muss auch sie improvisieren, sie hat ihr Auto in einer Seitenstraße abgestellt: „Man weiß ja nicht, wo man parken soll an der Haltestelle.“ Die übrigens ist regelrecht umlagert von abgestellten und abgelegten Fahrrädern, für die es keine Stellmöglichkeiten gibt. Dafür aber ist der Schnellbus an diesem Morgen pünktlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort