Historische Tage in Ägypten

Olivia Damm, vor 21 Jahren in Meerbusch geboren, hat die Proteste im Land miterlebt.

Niederrhein/Kairo. Ausgerechnet den 11. Februar hat Olivia Damm nicht vor Ort erlebt. Als Millionen Demonstranten in Ägypten den langersehnten Rücktritt des Staatschefs Hosni Mubarak feierten, war die gebürtige Meerbuscherin schon längst zu Besuch bei ihrer Tante in Krefeld. Dabei hätte sie eigentlich in Kairo bleiben wollen.

Olivia Damm gehört nämlich nicht zu denjenigen, die sich von den wochenlangen Unruhen haben abschrecken lassen. „Wenn man Teil der Gemeinschaft ist und so freundlich aufgenommen wurde, haut man auch als Ausländer nicht gleich ab, nur weil es Unruhen gibt“, sagt sie. Ihr „Urlaub“ am Niederrhein war lange geplant gewesen.

Die 21-Jährige hat im September ihr einjähriges Auslandsjahr in der ägyptischen Hauptstadt begonnen. Eigentlich studiert sie Arabisch und Politikwissenschaften in Edingburgh. „Als ich in Ägypten ankam, kündigten sich noch keine Veränderungen an, Mubarak war an der Macht“, erinnert sich die 21-Jährige.

Mit dieser Normalität sei es allerdings am 25. Januar vorbei gewesen. Da sei der Funke der Revolution in Tunesien nach Ägypten übergesprungen. „Zu diesem Zeitpunkt war ich selbst noch nicht dabei“, erzählt die Studentin. Sie lebe in einem Stadtteil außerhalb des Zentrums von Kairo, habe sich allerdings von Freunden immer alles erzählen lassen.

Involviert wurde Olivia Damm mit Fortschreiten der Proteste. Und je mehr sie über verschiedene Begebenheiten erzählt, umso deutlicher wird ihre Bewunderung für das ägyptische Volk, für das die Brutalität der Polizei nichts Neues gewesen sei.

„Es war beeindruckend, dass die Ägypter jedes Hindernis, das ihnen die Regierung in den Weg stellte, überwunden haben.“ Alles hätten sie selbst übernommen. „So eine Solidarität zwischen Jung und Alt, Reich und Arm habe ich noch nie erlebt.“ Natürlich habe sie auch Schüsse gehört. Angst aber habe sie nie gehabt. „Männer aus unserem Haus haben jede Nacht Wache gestanden. Das war überall zu beobachten. Deshalb habe ich mich auch so sicher gefühlt.“

Als ein „sehr interessantes Erlebnis“ bezeichnet Olivia Damm den Besuch des Tahrir-Platzes, auf dem sie den Protest ihrer Gastgeber mit dem Austeilen von Flugblättern unterstützte. „Da ging alles völlig geordnet zu. Kinder verteilten sogar Getränke und Sandwiches.“

Leuchtende Augen bekommt die Studentin, wenn sie über die Zeit vor den Unruhen spricht. „Kairo ist nun einmal eine riesige Stadt, in der es eine Menge Chaos gibt. Und trotzdem ist es sehr gemütlich“, betont Olivia Damm. Der Grund ist für sie die Religion, der Islam: „Wir neigen dazu, den islamischen Glauben schnell mit Extremismus gleichzusetzen, ohne seine positiven Auswirkungen zu sehen.“ So sei der Einfluss des Muezzin, der mehrmals am Tag zum Gebet ruft, sehr angenehm. „Dann hält die ganze Stadt inne.“ Allerdings kann dann auch das passieren: „Wenn man gerade beim Bäcker steht, muss man auf sein Brot eben bis nach dem Gebet warten.“

Ende des Monats wird Olivia Damm nach einem Abstecher nach Mallorca, wo ihre Eltern leben, die täglichen Gebetszeiten wieder miterleben können. Dann wird sie ihr Studium fortsetzen — in einem anderen Ägypten.

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