Hochschule Niederrhein: Ein Kodex allein reicht nicht

Nach den Bränden mit vielen Todesopfern in Textilfabriken in Asien diskutieren Experten an der Hochschule Niederrhein über die Produktionsstätten.

Niederrhein. Über 100 Menschen starben, weitere 200 wurden mit schweren Verbrennungen in Krankenhäuser eingeliefert. Schreckliche Bilder eines Fabrikbrandes in Bangladesch gingen erst kürzlich um die Welt. Dort nähten vor allem Frauen Bekleidung für ausländische Textilfirmen, darunter auch C&A mit Sitz in Düsseldorf. Bereits im September hatte es einen Brand mit 259 Toten in einer Textilfabrik in Pakistan gegeben. Sie belieferte auch den Textildiscounter Kik. Bei einem „Nachhaltigkeitstag“ waren diese Katastrophen in den textilproduzierenden Unternehmen in Asien jetzt auch Thema an der Hochschule Niederrhein.

Bereits im April hatte der Arbeitsforscher Korshed Alam die zum Teil erschreckenden Zustände in einigen Fabriken im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule vorgestellt. Doch die aktuellen Fälle zeigen: Die Zustände haben sich nicht geändert.

Jetzt erhielt der Gesamtverband Textil und Mode die Gelegenheit, auf die Bedeutung von nachhaltiger Textilproduktion und deren Umsetzbarkeit in der Praxis hinzuweisen. Im Rahmen des „Nachhaltigkeitstages“ erläuterte Dr. Christoph Schäfer das Thema „Corporate Social Responsibility“ (CSR, unternehmerische Gesellschaftsverantwortung) in der Bekleidungsindustrie. Dabei stellte er ein Muster für einen Verhaltenskodex vor, den der Verband für seine Mitglieder entworfen hat. Er sei von vielen Unternehmen unterzeichnet worden, erklärte Schäfer vor rund 300 Gästen an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.

Doch in der Praxis stellen sich die Abläufe häufig anders dar. So würden Aufträge von Subunternehmer zu Subunternehmer weitergereicht, eine Kontrolle der gesamten Lieferkette sei daher nur schwer durchführbar. Große Textilunternehmen würden von hunderten Unternehmen beliefert.

Enrico Rima von der Firma „Lebenskleidung“ stellte dar, wie man transparent sowie ökologisch und ethisch unbedenklich Textilien herstellen und damit handeln kann. Sebastian Baumgartner von „Bluesign“ erläuterte das Konzept des Unternehmens zur Umweltverträglichkeit bei der Herstellung von Textilien, insbesondere von Outdoorbekleidung. Raphael Breyer, Teilhaber der Firma „3Freunde“, stellte sein Unternehmen vor, das mit eigener Produktionsstätte in Indien fair gehandelte Kleidung produziert und verkauft und die Prozesse in der Lieferkette entsprechend überwacht.

„Als Fazit der Veranstaltung nahmen die rund 300 Zuhörer mit, dass es in der textilen Lieferkette keine Gewähr dafür gibt, dass nicht an irgendeiner Stelle ein Unternehmen hängt, das die CSR-Richtlinien nicht einhält“, sagte Prof. Rudolf Voller, der den ersten Nachhaltigkeitstag der Hochschule Niederrhein organisiert hatte.

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