Kaum Interesse am Regionalplan

Zur Bürgeranhörung kamen fast nur Planungs-Profis — und die sprachen nicht die Sprache des Volkes.

Kreis Viersen. Eine Bürgerbeteiligung erklärt sich von selbst: Der Bürger wird an einem Prozess beteiligt. Das funktioniert nur, wenn einerseits er selbst, andererseits aber auch diejenigen, die ihn beteiligen wollen (sollen, müssen), dazu bereit sind. Eine Kostprobe dessen, wie weit eine Behörde sich von den Bürgern entfernt, wenn ihr der unmittelbare Kontakt fehlt, erlebten Besucher der Bürgeranhörung zum neuen Regionalplan im Forum des Kreishauses. Ob der Abend tatsächlich so fruchtbringend war, wie Landrat Peter Ottmann in einer höflichen Verabschiedung erklärte, ist eher zu bezweifeln.

Denn mindestens drei Viertel der Besucher des Termins, zu dem die Bezirksregierung Düsseldorf die Bürger eingeladen hatte, waren „Profis“: Technische Dezernenten und Planer aus den Städten und Gemeinen im Kreis, der halbe Kreistag und auch einigermaßen erfahrene Vertreter von Organisationen der Landwirtschaft, des Umweltschutzes und andere mehr. Selbstverständlich sind auch sie Bürger. Aber spätestens dann, wenn Fachdialoge unter Planern stattfinden, sind Zweifel angebracht, ob in den technischen Dezernaten der Kommunen der Sinn dieser Veranstaltung verstanden und akzeptiert wird.

Die Profis haben sicherlich das Planer-Kauderwelsch verstanden, dass die zweifellos um Klarheit und Schlichtheit bemühten Mitarbeiter der Düsseldorfer Behörde in ihren Fachvorträgen darlegten. Solche Veranstaltungen scheitern aber regelmäßig daran, dass die Verwaltungsexperten extrem darauf bedacht sind, juristisch einwandfrei zu formulieren. Darüber vergessen sie, dass mindestens die Hälfte ihrer Fachausdrücke nicht zum Sprachschatz des normalen Bürgers gehört. Damit hört die Beteiligung für alle auf, die sich nicht vertieft mit Planung befassen. Abends in der Kneipe werden sich die Damen und Herren aus Düsseldorf im Gespräch mit Freunden gewiss nicht so kompliziert ausdrücken wie im Forum, wenn sie Funktion und Wirkung von „Regionalen Grünzügen“ beschreiben und sie in den Zusammenhang mit „nicht dargestellten Ortslagen“ bringen.

Andreas Budde, der Technische Dezernent der Kreisverwaltung, gab sich redlich Mühe, diesem Anspruch auf die Sprünge zu helfen, als er in die Rolle eines Bürgers schlüpfte und eine schlichte Frage stellte. Die Mitarbeiterin der Bezirksregierung kämpfte mit der bockenden Lautsprecheranlage und strandete irgendwo im Ungefähren einer von Nebensätzen und Parenthesen gespickten Antwort, die vermutlich richtig war, aber planerisch nicht ausgefuchste Bürger in der Runde überforderte.

Als es im Zuge einer kurzen Diskussion um Windkraftanlagen kritisch wurde, rang ein Vorgesetzter, der „eigentlich gar nichts sagen wollte, aber der einzige Jurist“ der Düsseldorfer Gesandtschaft war, die Hände und schaltete sich dann doch in die Debatte ein. Erhellend waren seine Auskünfte wohl nur für Planungsexperten.

Als man sich nach annähernd zwei Stunden schließlich trennte, waren die Sorgen der Städte, Gemeinden und auch des Kreises, dass der neue Regionalplan mit einigen Festsetzungen die planerische Hoheit der Kommunen stellenweise aushebelt, trotz gegenteiliger Versicherungen nicht ausgeräumt. Vermeintliche Reizthemen zur Schieneninfrastruktur wie der Eiserne Rhein oder die Viersener Kurve hatten keinen Reiz. Auch in Viersen wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das Konfliktthema Windenergie-Zonen beschäftigte Experten und nur einen Mönchengladbacher Bürger, der dem Tross nachgereist war. Der Moderator stellte also fest: „Gibt es noch Fragen zum Thema Windenergie? Nein? Das freut mich.“ So kann man es natürlich sehen.

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