Richter ohne Grenzen

Immer häufiger arbeiten deutsche und niederländische Gerichte zusammen. Junge Richter machen Praktika im Nachbarland.

Mönchengladbach. Europa wächst zusammen. Viele Dinge kann man inzwischen problemlos länderübergreifend regeln. Das gilt jetzt auch für Gerichtsverfahren, wie der Mönchengladbacher Landgerichtspräsident Bernd Scheiff erläutert.

„Harmonisierung“ lautet das Stichwort. Da man in Deutschland schon seit vielen Jahren eine Versicherung, die man verklagen möchte, an seinem eigenen Wohnort verklagen kann, und nicht zu ihrem Unternehmenssitz gehen muss, hat sich das EU-Recht angepasst, ist also harmonisiert worden.

Deshalb müssen sich immer öfter deutsche Richter mit niederländischem Recht befassen. Ein Fall aus diesem Jahr am Mönchengladbacher Gericht: Ein Mann aus dem Kreis Viersen war in Eindhoven in den Niederlanden in einen Unfall verwickelt worden. Sein Unfallgegner war Niederländer, dessen Auto dort zugelassen und natürlich auch haftpflichtversichert. Beim Amtsgericht Viersen reichte der Mann seine Schadenersatzklage ein.

Weil viele Unklarheiten über den Unfallablauf geblieben waren, landete der Fall beim Landgericht. Am Ende gelang es den Richtern, die beiden Streitparteien zu einem Vergleich zu bewegen. Ein Urteil hätte auch in Deutschland fallen können, allerdings nach niederländischem Recht. Und da sind einige Paragrafen anders, etwa was das Abrechnen eines Mietwagens nach einem Unfall oder die Kosten für einen Gutachter angeht. Auch die Frage, wer überhaupt für Kosten wie einen Abschleppwagen haftet, muss nach niederländischem Recht geklärt werden.

Scheiff ist froh, dass sich in den letzten Jahren „beste Beziehungen“ zu den Nachbargerichten in den Niederlanden entwickelt haben. Bislang war das die „Rechtbank Roermond“. Nach einer Umstrukturierung bei Polizei und Justiz ist der Bezirk jetzt viel größer, Roermond ist nicht länger eigenständig, sondern bildet eine Einheit mit Venlo und Maastricht, wie Scheiff erläutert.

Es gebe aber schon viele Kontakte, die sich vor allem aus dem regen Austausch unter den Proberichtern ergäben. Jährlich gehen zehn dieser jungen Richter für einige Tage in die Niederlande, um dort die Arbeitsweise zu erleben. Im Gegenzug kommen niederländische Richter nach Mönchengladbach. „Auch 2013 werden wieder zehn Männer und Frauen hinübergehen und über den Tellerrand blicken“, sagt der Landgerichtspräsident. „So können Kontakte geknüpft werden, die man braucht, wenn man etwas bewegen will.“

Parallel dazu wird die Konferenz des „Forum ad mosam“, des Forums an der Maas, im Jahr 2014 in Mönchengladbach stattfinden. 200 Juristen, Staatsanwälte und Richter aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland treffen sich so alle zwei Jahre zu einem Gedankenaustausch und zur Verbesserung der Beziehungen untereinander.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort