Abschied für den Altenberater

Wolfgang Dannecker hat sich 38 Jahre lang um Senioren in der Stadt gekümmert. Jetzt ist er Chef des städtischen Personalrats.

Tönisvorst. Als er 1974 seinen Beruf aufnahm, gab es den Job in der Altenpflege noch nicht. Und trotzdem hieß seine Bezeichnung damals Altenpfleger — so wie Jugendpfleger. Inzwischen lautet es „Altenberater“. Und Wolfgang Dannecker, der 38 Jahre lang diese Tätigkeit für die Stadt Tönisvorst ausgeübt, Bücher geschrieben, wissenschaftliche Untersuchungen begleitet und Vorträge gehalten hat, verabschiedet sich: Seit einiger Zeit ist er freigestellt als Vorsitzender des Personalrates, macht also diese Arbeit ausschließlich.

„Als ich in der Altenarbeit anfing, waren Begriffe wie Demenz oder Alzheimer noch nicht geläufig. Man ging damals ins Altenheim, um sich zur Ruhe zusetzen, um einen ruhigen Lebensabend zu genießen“, erzählt er aus den Anfängen. Nur ein kleiner Teil der Bewohner sei zur damaligen Zeit pflegebedürftig gewesen. Das damalige Altersbild wurde mit Abbau und Rückzug gleichgesetzt.

„Unsere Aufgabe in den 70er Jahren war, den Menschen zu vermitteln, dass Alter auch heißen kann, aktiv zu sein, und nicht dem Leben einfach nur zuzuschauen. Wir haben die verschiedensten Bildungs- und Freizeitaktivitäten für alte Menschen geschaffen, wie Englisch-Kurse oder Freizeitfahrten und einen Seniorenbeirat gegründet“, erinnert sich Dannecker und lacht, als er an die erste Seniorengymnastik erinnert: „Als wir Gymnastik für Senioren anboten, gab es fast so etwas wie einen Aufschrei, weil das so progressiv war“.

Tönisvorst war Vorreiter. In anderen Städten gab es zu dieser Zeit so etwas kaum. Dann änderten sich die Zeiten. „In den 80er Jahren trat zunehmend die Pflege in den Vordergrund“, erzählt Dannecker, der Sozialarbeit und später noch Alterswissenschaften studiert hat.

Damals habe die Stadt sogar einen eigenen Hauspflegedienst gehabt. Mit eigenem Wäschedienst für ältere Leute. „Wir standen am Beginn des demografischen Wandels. Die Menschen wurden immer älter und damit stieg auch der Pflegebedarf“, erzählt Dannecker. Und wenn die Pflege früher eher Privatangelegenheit war und in der Familie geregelt wurde, kam jetzt die „Entprivatisierung“. „In den 80er Jahren entstanden die ersten privaten Pflegedienste und Sozialstationen“, so Dannecker.

Eine einschneidende Zäsur gab es 1994: Man übertrug die offene Altenarbeit an einen Verein: das Seniorenbüro. „Das, was wir früher im Rahmen der offenen Altenarbeit gemacht haben im Bereich Freizeit, Bildung, Begegnung, wurde jetzt durch die Alternativen organisiert“, erzählt er. Bei der städtischen Altenberatung traten die Fragen rund um die Pflegefinanzierung und Organisation der Pflege unter Berücksichtigung der gesamten familiären Situation immer stärker in den Vordergrund. 2010 gab es in der Altenarbeit dann noch einmal einen neuen Akzent: Tönisvorst wurde „Pflegestützpunkt“: Die Altenplanung wurde über das Thema Pflege hinaus auf andere wichtige Lebensbereiche ausgeweitet. „Wer zum Beispiel nicht altersgerecht wohnt, benötigt eher fremde Hilfe und kann dann unter Umständen nicht gut gepflegt werden“, so Wolfgang Dannecker“.

Heute stellt sich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Frage, was braucht es, damit Menschen in ihrer Stadt gut alt werden können?

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