Der „Hauptbahnhof“ von Vorst

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts war Vorst an das Eisenbahn-Netz angeschlossen.

Vorst. Auch wenn es in Vorst im 19. Jahrhundert eher ruhig und beschaulich zuging, war die Gemeinde verkehrlich eigentlich optimal erschlossen. So gab es früher gleich drei Bahnhöfe: Neben der Anschlussstelle Forstwald war dies der Anrather Bahnhof (die Bahntrasse war ab 1858 die Grenze zwischen Anrath und Forst) und der 1871 komplett fertig gestellte Vorster Zentral-Bahnhof.

Bereits 1849 war das Nachbardorf Anrath an das Bahnnetz angebunden, mussten, da die Bahnstation näher an Anrath als an Vorst lag, die Pferdefuhrwerke oder Vorster Fahrgäste einige Kilometer zurücklegen, um dorthin zu kommen. 1870 rollte dann der „Schluff“ auch von Viersen über Süchten, Vorst, St. Tönis nach Krefeld. Etwa ein Jahr zuvor begann man mit dem Bau des „Hauptbahnhofes“.

Wie Kunibert Schmitz in einem Heft des Vorster Heimatvereins recherchierte, bestand das Bahnhofsgebäude aus drei Teilen: aus Güterschuppen, Arbeitsraum für den Bahnhofsvorsteher und aus den Wohnungen für ihn und den Wirt. Und das Gebäude platzte gleich zu Beginn aus den Nähten: Erster Stationsvorsteher war Heinrich Piel, der mit seiner Ehefrau und zehn Kindern dort wohnte. Der Lagerschuppen wurde kurzerhand zum Mittagstisch.

1926 wurde eine Wohnung zu einem Wartesaal für die dritte Klasse umgebaut, mit Zugang von der St. Töniser Straße, Ausgang zum Bahnsteig. Dort gab es auch eine kleine Wirtschaft. Deren Pächter legte Wert darauf, stets einen Vorrat an Speisen zu haben — Schnitzel, Frikadellen, belegte Schnittchen und Brötchen.

Der erste Wirt der Bahnhofsgaststätte war Johann Recken. Der musste sich an die Vorgaben halten. So war es ihm verboten, „dem im Dienst befindlichen Bediensteten der Crefelder Eisenbahn irgendwelche alkoholischen Getränke zu verabfolgen oder Kosten zu stunden oder sonst Kredit zu gewähren“.

Die Wirte wechselten schnell. Ein Indiz dafür, dass dort nicht viel zu verdienen war. Allerdings kamen dort auch Andere zusammen. So die Gesellschaft „Phönix“, deren ausschließlicher Vereinszweck: „Sich bei Bier und anderen Getränken gesellig zu versammeln.“

Zum Bahnsteig hin gab es später den Wartesaal der zweiten Klasse. Außerdem gab es einfachste sanitäre Anlagen und einen Geräteraum, in dem sich auch die Stellhebel für die Weichen und Signale befanden.

Nach Einstellung des Personenverkehrs wurden die Weichen und Schranken nur noch von Hand betätigt. In den Diensträumen wurden Frachtbriefe und die Fahrtkarten ausgestellt, die Bahnpost angenommen und ausgeliefert. Die Preise: eine Fahrkarte von Viersen nach Vorst hin und zurück kostete 0,50 Reichsmark.

Der Zentralbahnhof wurde von den Passagieren gut angenommen. Im Jahr 1910 wurden 34 453 Personen befördert und 499 Wagenladungen abgefertigt, 1919 waren es immerhin noch 28 584 Fahrgäste. Bahnhof und Gleise lagen parallel zur St. Töniser Straße. Die Schranke für den Bahnübergang Kempener Straße sowie das Ausfahrsignal wurden vom Bahnhof mit bedient.

Und es gab auch für die Viehverladung eine Rampe. Indes wurde die zunächst beabsichtigte Anbindung an eine benachbarte Krautfabrik nicht in die Tat umgesetzt. Und es gab auch eine große Waage, auf der zum Beispiel Rüben- oder Kartoffelfahrzeuge gewogen werden konnten.

Das Bahnhofsgelände blieb ohne größere Umbauten bis zum Abbruch Ende 1968 in etwa dem gleichen Zustand. Am Bahnübergang Oedter Straße stand südlich der Gleise lange Zeit auch ein Bahnwärterhaus. Heute wird das Bahnhofsgelände von Arca Regler und action medeor genutzt. Aus der Trasse wurde ein Radweg. 1978 wurde der Schienenverkehr endgültig eingestellt.

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