Eine Notapotheke für die ganze Welt - "action medeor" wird 50

Seit 50 Jahren sorgt action medeor dafür, dass lebensnotwendige Medikamente auch in den entlegensten Winkeln verlässlich verfügbar sind.

Eine Notapotheke für die ganze Welt - "action medeor" wird 50
Foto: NN

Vorst. In Vorst, dem kleinen Ortsteil von Tönisvorst, hat die Apotheke immer Notdienst. Zwar nicht für Nachbarn, die nach Ladenschluss noch Nasenspray oder ein Fieberzäpfchen brauchen. Aber für den Rest der Welt, der in Krisensituationen Medikamente und medizinische Hilfsmittel benötigt. Seit 50 Jahren wird am Niederrhein Lebensnotwendiges verpackt und um den Globus geschickt.

Eine Notapotheke für die ganze Welt - "action medeor" wird 50
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„action medeor ist heute das größte Medikamentenhilfswerk Europas“, umreißt Vorstandssprecher Bernd Pastors die Dimension. Es beschafft, worum die Nonnen bitten, die im umkämpften syrischen Aleppo ausharren und dort eine minimale Gesundheitsversorgung aufrecht erhalten. Es liefert auf die Philippinen, was notwendig ist, um inmitten der Zerstörung, die der Taifun Hayan hinterlassen hat, zu überleben.

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Not- und Katastrophenhilfe ist beim Bündnispartner der „Aktion Deutschland Hilft“ rund um die Uhr abrufbar. Darüber hinaus führt action medeor weltweit mehr als 50 eigene, langfristig angelegte Gesundheitsprojekte durch. Und es bietet pharmazeutische Fachberatung an.

Alles begann mit einer Idee des Vorster Landarztes Ernst Boekels: Warum nicht in unseren Breiten überzählige Ärztemuster sammeln, um die Arzneimittel dahin zu schicken, wo sie dringend benötigt werden? Doch schon bald stellte sich heraus, dass die Medikamente nicht dem Bedarf der Gesundheitsstationen in Entwicklungsländern entsprachen.

(Bild: In den 60er Jahren sammelten und sortierten Krefelder und Vorster Bürger Medikamente für Entwicklungsländer.Archiv: action medeor )

Das Hilfswerk ließ bereits Ende der 60er Jahre Generika herstellen — in guter Qualität, zu vertretbaren Preisen, gezielt auf die Situation vor Ort abgestimmt. Zur Bekämpfung etwa von Lepra, Tuberkulose, Cholera, Malaria und Aids.

4000 Quadratmeter groß ist das Lager in Vorst und gut bestückt aus Geld-, Sach- sowie industriellen Medikamentenspenden.

Bernd Pastors ist stolz darauf, dass es seit zehn Jahren keine Transporte mehr in den Osten Afrikas gibt — weil in den tansanischen Städten Dar es Salaam und Masasi dank des Aufbaus durch action medeor funktionierende Medikamentenlager die Gesundheitsstationen und Krankenhäuser im Land beliefern. „Unterstützung zur pharmazeutischen Selbstversorgung: So machen wir uns im besten Sinne selbst überflüssig.“ Das zukunftsfähige Modell ergänzt ein einheimisches Forschungslabor, in dem jüngst ein Sirup für die Therapie von Kindern, die mit dem HI-Virus infiziert sind, entwickelt wurde.

Längst ist aus der Einbahnstraße der Hilfe echte Partnerschaft geworden. In der Zentrale von action medeor ist Emmanuel Limi (37), seit einem halben Jahr Projektassistent für Zentral- und Westafrika, ein Beispiel für praktische Entwicklungszusammenarbeit. Der Kameruner studierte in seiner Heimat Medizin, bis seine Uni aus politischen Gründen geschlossen wurde. Ohne Abschluss und Perspektive, aber mit dem Wunsch, „im Bereich Gesundheit weiterzumachen“, landete er 2005 in Deutschland. Inzwischen hat er seinen Master in Public Health und nebenbei ein Fernstudium in Theologie und Missionswissenschaften absolviert.

„Ich empfinde es als Berufung“, sagt er über seinen Arbeitsplatz am Niederrhein. Besonders am Herzen liegt ihm ein Projekt des Hilfswerks zur Behandlung und Betreuung von Aidskranken in Kivu/Demokratische Republik Kongo. Er greift in einen Stapel Papier und zieht das Foto einer strahlenden jungen Frau mit Zwillingen in den Armen hervor — die Mutter aidskrank, die Kleinen durch entsprechende Maßnahmen bei der Entbindung gesund. „Ich komme von dort, hab’ viel erleben müssen, ich weiß, wie das ist“, sagt Limi, der das Elend, das die Diagnose Aids mit sich bringt, aus der eigenen Familie kennt.

Die Vision von action medeor: Kein Mensch soll mehr an behandelbaren oder vermeidbaren Erkrankungen leiden oder gar sterben müssen. Das ist Arbeit für vermutlich mehr als ein weiteres halbes Jahrhundert.

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