Bootsbauer Jörn Niederländer: Von Jolle bis Römerschiff

Der Nettetaler Bootsbauer Jörn Niederländer arbeitet mit Historikern und Archäologen zusammen, aber auch mit Künstlern.

Nettetal. Vor das Werkzeug, dann zurück, und wieder vor - unentwegt, gleichmäßig mit Kraft und Gefühl hobelt er über den Mast. Jörn Niederländer, Mitte 50, gönnt sich keine Pause, er schwitzt in der warmen Halle in Nettetal, klebrig die Haare, nass das T-Shirt.

"Das Boot muss fertig werden", sagt er, schaut kurz auf, wischt sich mit dem Arm die Schweißperlen von der Stirn - und hobelt weiter. Bald hat er’s geschafft, dann ist wieder eins seiner Schmuckstücke fertig: Jörn Niederländers Boote fahren auf Gewässern, stehen in Museen und auf Bühnen.

In der Werft hinten aufgebockt ein Bootsrumpf, ringsum Holz über Holz, rechts eine weiße Jolle, sie glänzt, sieht aus wie neu. "Das Boot ist von 1939, alles gut dokumentiert, wirklich ein Boot für einen Liebhaber", erklärt Niederländer. Er hat das Boot sorgfältig restauriert, hobelt nur noch am Mast fertig. Ein Liebhaber für das alte neue Schiffchen hat er schon gefunden: "Es gibt so manche, die gute alte Holzboote zu schätzen wissen."

Darunter sind nicht nur Wassersportler, Segler und Ruderer, sondern auch Archäologen und Künstler. "Das Römerschiff im Museum in Xanten habe ich restauriert", erzählt der Handwerker, ohne beim Hobeln aufzublicken. Ansonsten lässt er sich nur wenig entlocken über seine Werke - Niederländer ist bescheiden.

Dabei hat er aus Wrackteilen des 9. Jahrhunderts das Karolingerschiff rekonstruiert, das im Rheinischen Landesmuseum in Bonn zu sehen ist. Für Künstler hat er Boote gebaut, die damit Installationen in Berlin und Hannover zeigen. Außerdem Boote als Requisiten für Film und Theater. "Aber ich habe nur geringen Anteil daran, ich bin ja nur ein einfacher Bootsbauer, der nach handwerklicher Tradition mit Holz arbeitet", sagt Niederländer.

Der "einfache Bootsbauer" arbeitet gerade für ein Projekt in Duisburg mit Wissenschaftlern zusammen, sichtet die oft spärlichen Reste des Originalmaterials, rekonstruiert Baupläne, besorgt passende Hölzer. Dabei hat er mit Archäologen und Historikern zu tun. Auch Niederländer wäre fast Geschichtswissenschaftler geworden, hatte hatte das Studium begonnen. Doch dann spürte er, dass ihm "Handwerkliches mehr liegt".

Einen Draht zu Wasser und Schiffen hatte er durch den Vater, einen Seemann. Er machte eine Ausbildung in Krefeld, Aachen, und Kiel. Mit Niederländers Meisterstück, einer Jolle, gewann ein Segler gleich die Europameisterschaft. Solch sportliche Ambitionen hat Jörn Niederländer selbst zwar nicht, aber er fährt gern mit seinen Booten auf den Asselter Plassen bei Roermond oder auf dem Nettetaler De-Wittsee - wenn Zeit übrig bleibt. "Erst mal habe ich jetzt ordentlich Arbeit", meint er und hobelt vor und zurück, wieder vor, unentwegt.

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