Krautrock inmitten von Spargelfeldern

Die legendäre Deutsch-Rock-Band Birth Control spielte in der Walbecker Friedenseiche.

Geldern. Nostalgie und ein bisschen Wehmut schwebte durch den fast platzenden, aber rauchfreien Saal der Walbecker "Friedenseiche", als DJ Tom von der ehemaligen Gelderner Szene-Kneipe "Pam Pam" die Ansage machte: "Ihr habt mich damals so oft gefragt, ob ich nicht noch einmal ,Gamma Ray’ für euch spielen könnte." Und Birth Control dann loslegten. "Gamma Ray" live.

Es war 22.55 Uhr, als das flashende Synthie-Sample des Kult-Songs durch den tobenden Saal zischte und der 62-jährige Schlagzeuger und Sänger Bernd "Nossi" Noske dazu seine Schießbude bediente und die Textzeile "The world is pervated with irony, hunger and corruption" mit seinem unverkennbaren Timbre ins Mikrofon sprach. Vielleicht nicht mehr so anklagend wie in den 70er Jahren, dennoch bestimmt, weil diese Passage nun einmal zeitlos ist.

Spätestens jetzt wippte das Publikum für die nächste halbe Stunde zum vom Wah-Wah-Effekt verschleppten Backbeat des Songs.

Im gleichen Zuge nahm die Gruppe die Fans mit auf eine Reise durch die eigene Band- und Rockgeschichte: Der sehr gute Gitarrist Peter Engelhardt beschäftigte sich die ganze Zeit damit, dem Song über südamerikanische Mambo,- und Rumba-Rhythmen ein neues Gesicht zu geben, zitierte sogar noch ein "Smoke on the water"-Riff hinein, während Bernd Noske den eingebauten Percussions-Part um mindestens fünf Minuten durch Herumtrommeln auf allen möglichen Gegenständen in die Länge zog. Trotzdem war es wohl nicht die Live-Version von "Gamma Ray" mit knapp 27 Minuten, die als die längste jemals gespielte ins Guiness-Buch der Rekorde eingehen wird.

Immens gut zeigte sich die Band, die übrigens in diesem Jahr 40-Jähriges Bestehen feiert, als sie Songs aus ihrer Frühphase spielte. "Trial Trip" aus dem Jahre 1975 wurde noch mal zu einer psychedelischen Achterbahnfahrt; Keyboarder Sascha Kühn und Gitarrist Peter Engelhardt schaukelten sich hoch, erinnerten stellenweise an den extravaganten Art-Rock der frühen Genesis.

Leider mussten die Fans auf Songs wie "Hoodoo man" oder "Plastic People" verzichten. Denn Birth Control spielten auch Stücke von ihrem 2003er-Album "Alsatian". Die halten mit den Stücken aus den 70er Jahren zwar nicht mit. Trotzdem war es aber eine gelungene Zeitreise durch die 70er, und so mancher Nostalgiker unter den etwa 500 Fans konnte noch einmal davon träumen, wie es war, als bei Rock-Konzerten noch geraucht werden durfte - egal, was.

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