Modenschau: Mit Prothesen stolz und schick

Für brustamputierte Frauen geht es um kosmetische Hilfe und Selbstwertgefühl. Die Models der Präsentation in Viersen haben selbst bereits Brustoperationen hinter sich.

Viersen. Erst mal einen Cocktail an der Bar: "Sex on the Beach" - Wodka mit Früchten und Eis, anregend! Noch anregender die hübsche Gitti. Sie trägt einen Hauch von schwarzem Cocktailkleid, gewagt und kess das Oberteil - tief ausgeschnitten. Und doch bleibt verborgen, was darunter steckt. Aus gutem Grund: Gittis Busen ist lädiert, eine Krebsoperation hat Spuren hinterlassen.

Wie bei Karin und Margret. Die drei treten als Models bei einer Modenschau für brustamputierte Frauen auf. Entspannt ist die Atmosphäre im Bildungszentrum Lettermann in Viersen. Über 60 Frauen plaudern an der Bar, tauschen Erfahrungen aus, fachsimpeln mit Beraterinnen - und mit Sabine Schmitz. Sie ist eine der ersten qualifizierten Pflegeexpertinnen für Brusterkrankungen in Deutschland: Als Breast Care Nurse am Brustzentrum Niederrhein im Mönchengladbacher Bethesda-Krankenhaus arbeitet sie eng mit dem Sanitätshaus Lettermann zusammen.

"Hier geht es um kosmetische, psychologische und medizinische Aspekte", erklärt die Krankenschwester. "Denn ein guter BH stützt die operierte Brust und fördert so die Heilung." Im Vortragssaal erzählt Schwester Sabine: "Jede Patientin, die brusterhaltend operiert wurde, kriegt von mir erst mal zwei Sport-BHs verpasst."

Viele der Besucherinnen im Saal nicken, wurden sie doch selbst von Schwester Sabine in der Klinik betreut. So Annette aus Mönchengladbach: Vor einem Jahr Totaloperation, Brust weg - der Krebs war weit fortgeschritten. "Heute geht es mir gut", sagt sie, "nur mit den Oberarmen habe ich noch Probleme." Annette ist begeistert von der Veranstaltung: "Mit solcher Kleidung kann ich mich ungezwungen bewegen, das ist eine enorme Hilfe."

Die drei Models der Firma Amoena - in Deutschland mit führend im Bereich Brustversorgung - führen Bademoden und Dessous auch von anderen Marken vor. Flanieren stolz und elegant. Dank der Spezial-BHs für "nur leicht beschnittene Brüste" und der Prothesen. Amoena-Expertin Kristina Dieck: "Die neue Prothese hat eine Klimazone, ist leicht und warm, haftet auch, wenn man schwitzt." Die Models legen die Prothesen an, interessierte Frauen dürfen fühlen: "Wir sind Models zum Anfassen", lächelt Gitti. Auch Kleidungsstücke mit integriertem BH gehen durch die Reihen. "Schöner, leichter Stoff", bestaunt Annette einen Badeanzug. Dazu ein Tipp von Sylvia Perez-Diaz: "Meistens zahlen Krankenkassen Zuschüsse für solche Heilmittel, Badekleidung wird ja auch in der Reha gebraucht."

Die Beraterin im Sanitätshaus Lettermann freut sich über das Interesse der Frauen: "Wir zeigen die Möglichkeiten, sich nach Brustoperationen chic zu machen. Das ist wichtig fürs Selbstwertgefühl." Die Veranstaltung soll auch betroffene Frauen miteinander in Kontakt bringen. Sylvia Perez-Diaz: "Zu spüren, ich bin nicht allein, andere schaffen’s auch, das hilft."

Die Kundinnen sind zwischen 23 und 90 Jahre alt, einige kommen aus Aachen oder Bonn nach Viersen. So ernst der Anlass, so gelöst die Stimmung: Lockere Moderationen, die Frauen haben Spaß, erfrischen sich zum Schluss wieder an der Bar. Gefragt sind jetzt vor allem alkoholfreie Cocktails. Zum Beispiel "Coconut Kiss."

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