Naturfriedhof: Auch viele Deutsche interessieren sich dafür

Kein Tor, keine Schließzeiten: Neue Form für die Ruhestätte.

Grenzland. Ein ganz normaler Herbstnachmittag im Wald in St. Odilienberg, südlich von Roermond. Kinder rennen durch das Laub, das sich am Boden sammelt, schaufeln es mit ihren Stiefelchen hoch und bewerfen sich damit.

Die Eltern nutzen die letzten warmen Strahlen der Mittagssonne, sitzen auf einem der kaum behauenen Holzstämme und lassen ihre Gedanken schweifen. Im Sommer hat die Familie hier gemeinsam gepicknickt - und an Opa gedacht. Denn Opa ist hier begraben, der Bergerwald ist ein Friedhof. Seit Anfang 2003 können auf diesem Naturfriedhof Begräbnisse stattfinden.

Insgesamt bietet die acht Hektar große Fläche Platz für rund 20 000 Gräber. Nicht in Reih und Glied, sondern nach den Wünschen der Verstorbenen. Die meisten, die hier liegen, haben sich sehr bewusst für diesen Ort als letzte Ruhestätte entschieden. Viele haben noch selbst bei einem Spaziergang ihren Platz ausgesucht und reserviert. Davon, dass auch jetzt Plätze auf die Menschen warten, die einmal ihre Ruhe finden wollen, künden kleine "Reserviert"- Schilder.

In den Niederlanden ist der Naturfriedhof eine gängige Alternative zum herkömmlichen Begräbnis geworden. Was die Menschen an dieser Form des Begrabens reizt, ist nicht nur die Natur rund um das Grab, sondern vielfach auch die Freiheit, die der Bergerwald ausstrahlt. Es gibt kein Tor und auch keine Schließzeiten.

Wer immer mit seinem Liebsten bei Sonnenuntergang ein Glas Wein getrunken hat, kann das auch an dessen Grab tun. Wer noch einmal gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau die Vögel singen hören möchte, kommt im Morgengrauen.

Schon beim Begräbnis selbst ist viel von dieser Freiheit zu spüren. Familien geleiten ihre Angehörigen oftmals allein und ohne professionelle Träger zur letzten Ruhe. Niemand guckt schief, wenn Kinder auf Opas Sarg, der auf dem Handwagen steht, die letzten Meter mitfahren wollen.

Und während das deutsche Gegenstück zu diesem Konzept - der Friedwald - klare Vorschriften macht und nur Feuerbestattungen zulässt, gilt auch hier: Jeder, wie er mag. Sarg, Urne, Leinentuch, Binsenkörbchen, Pappschachtel - oder was einem sonst in den Sinn kommt.

Dass der Bergerwald auch damit wirbt, dass eine Bestattung dort preiswerter sei als im nahen Deutschland, ist eher eine Randerscheinung. Hochglanzpolierte Grabmonumente sucht man vergeblich - ein Findling allerdings, der auf dem Grab stehen kann, ist im Preis schon drin.

Der Bestatter Rudi Dohmen, der im Kreis Heinsberg tätig ist, schwärmt vom Bergerwald. "Hier wird für die Angehörigen die Bestattung zu einem einmaligen Erlebnis." Schon zwölf Bestattungen hat er in diesem Jahr dort durchgeführt - Tendenz steigend. Am Wochenende gab es eine Art Tag der offenen Tür. Da konnten sich vor allem deutsche Interessenten und Bestatter auf dem Naturfriedhof bei Roermond umsehen und Fragen stellen.

Im nächsten Jahr soll übrigens die politische Entscheidung fallen, einen zweiten Naturfriedhof einzurichten - in der Umgebung von Venlo.

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