Viersener Wähler strafen die CDU ab

Es ist eine Erdrutsch-Niederlage, die die CDU bei der Stichwahl am Sonntag erlitten hat — jetzt müssen Konsequenzen folgen.

Viersener Wähler strafen die CDU ab
Foto: Busch

Viersen. Es war nicht nur ein Schock, es war ein Tiefschlag für die Viersener CDU, der sich am Sonntag schon nach Auszählung der ersten Wahllokale andeutete. Knapp 65 Prozent der Stimmen leuchteten für Sabine Anemüller bereits kurz nach 18 Uhr an der Info-Wand im Stadthaus auf, da waren gerade drei von 60 Stimmbezirken ausgezählt und die 52-Jährige noch nicht einmal im Foyer eingetroffen. Doch die Verantwortlichen der Viersener CDU ahnten zu diesem Zeitpunkt, was knapp eine Stunde später Realität wurde. Es ist eine Erdrutsch-Niederlage, die die CDU erlitten hat.

Die CDU hat nicht nur die politische Mehrheit in Viersen, sie hat den Kontakt zum Wähler verloren. Die Verantwortung für die Niederlage wird Dr. Paul Schrömbges übernehmen. Weil sich das als Parteisoldat so gehört. Doch abgestraft wurde nicht der langjährige Sozialdezernent, dessen fachliche Qualitäten unbestritten sind und auch von der künftigen Bürgermeisterin anerkannt werden.

Die Viersener haben der CDU deutlich gemacht, dass sich die Partei seit Jahren mehr mit sich selbst als mit der Zukunft der Stadt beschäftigt. Das Debakel ist für die Christdemokraten ein weiterer Weckruf der Bürger, sich mit Qualität und Einsatz für die Stadt gegen den Abwärtstrend zu stellen.

37,94 Prozent der Stimmen — bei einer Wahlbeteiligung von knapp über 32 Prozent — erhielt Paul Schrömbges. 7558 von 62 411 Wahlberechtigten stimmten für den CDU-Mann. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich einiges. Das Wissen, dass die Partei die eigene Wählerklientel in Viersen nicht annähernd mobilisieren kann. Schon deshalb hat die CDU in den vergangenen beiden Wochen hauptsächlich um die Gunst der Gegner aus der ersten Runde gebuhlt.

Die Grünen empfahlen — zwar etwas lustlos — dann auch ihren Anhängern, in der Stichwahl für Schrömbges zu votieren. Selbst die parteilose Iris Kater konnte die CDU nach Gesprächen dazu bewegen, ihren Daumen öffentlich für Schrömbges zu heben. Die FDP schließlich hatte sich schon vor der ersten Wahl für den CDU-Mann ausgesprochen. Diese von Parteichef Marc Peters angeführte „Allianz der Verzweiflung“ endete in einer katastrophalen Niederlage, die mit dem Kandidaten (fast) nichts mehr zu tun hat.

Peters hat es in knapp einem Jahr als Parteivorsitzender nicht erreicht, die CDU wieder zu einen. Die Spaltung, die durch den Kandidaten-Parteitag vor knapp zwölf Monaten deutlich wurde, ist tiefer als zuvor. Hinter verschlossenen Türen ist offen — in der Öffentlichkeit zumindest hinter vorgehaltener Hand — die Genugtuung der Mackes-Fraktion zu spüren, dass es der andere (Schrömbges) auch nicht geschafft hat.

Ein feines Gespür für diese interne Zerstrittenheit hatten auch die Viersener Wähler. Während Anemüller mit dem Slogan „Eine für uns!“ den glaubhaften Zugang zu den Menschen fand, zerlegte sich die CDU selbst und setzte den parteiinternen Stadtteil-Flügelstreit fort.

Mehr noch: Mit dem Satz „Wichtig sind unsere 24 der 56 Ratssitze“ machte sich so mancher an der CDU-Spitze schon vor dem sonntäglichen Urnengang Mut. Ein Denkfehler, der Nachwirkungen haben könnte. Denn in fünf Jahren werden Rat und Bürgermeisterposten wieder gemeinsam vergeben. Wie schwer es ist, gegen einen Amtsbonus anzukämpfen, hat Ex-Parteichef Paul Mackes am eigenen Leib erfahren.

Für die CDU kann es jetzt nur einen Schritt geben. Das ist exakt der, den die Partei bereits 2009 nach der Niederlage von Paul Mackes gegen Günter Thönnessen hätte gehen müssen. Die CDU braucht zügig einen Kandidaten oder eine Kandidatin, der/die von der gesamten Partei getragen wird. Für die Viersener Union hat mit der Wahlniederlage vom Sonntag der Wahlkampf 2020 begonnen. Auf diesem langen und beschwerlichen Weg hat die deutliche Niederlage sogar einen Vorteil: Einen Schuldigen braucht die CDU Viersen nicht zu suchen. Schuld ist sie selbst.

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