Apfelernte: Der König ist so richtig sauer

In der Apfelstadt läuft die Ernte des knackigen Obstes auf Hochtouren. Zehn Betriebe sind damit beschäftigt.

Tönisvorst. Reife Äpfel leuchten. Da kann das Wetter noch so schlecht sein. Warmes Rot auf sonnigem Gelb. Reife Äpfel schmecken. Süß und sauer, würzig und mild. Mit verschiedenen Schwerpunkten, je nach Sorte. Wieviele Sorten es gibt, weiß niemand, 7000 jedenfalls sind weltweit registriert, rund 100 werden gehandelt, wobei der Geschmack dem Wandel der Mode unterliegt.

Cox Orange wird beispielsweise von älteren Menschen bevorzugt. "Aber die brauchen absolutes Seeklima", sagt Manfred Fischer, Apfelspezialist bei der Landwirtschaftskammer Rheinland. Temperaturen über 30 Grad verträgt sie nicht. Sie wird heute von der Rubinette ersetzt, die über einen ähnlichen Säureanteil verfügt. Ganz aus der Mode ist die Stern-Reinette. "Die wird zu schnell mehlig", begründet Fischer. Alte Sorten zu bewahren ist nur noch im Sinne der genetischen Vielfalt der Frucht sinnvoll. Verkaufen lassen sich die Früchte nicht mehr.

Eine Besonderheit auf dem Schumacherschen Obstgut ist der Königapfel, wunderschön rot, mit ebenfalls rotem Fruchtfleisch. "Außer uns hat nur noch ein Obstbauer am Bodensee diese Sorte", sagt Rudolf Schumacher. "Aber er ist wahnsinnig sauer", warnt er. Schumachers verarbeiten ihn zu Apfelmus, Apfelsaft und roten Apfellikör. Die rote Farbe deutet auf besondere Inhaltsstoffe, die ihn besonders gesundheitsfördernd machen.

Jetzt ist er reif. Aber das festzustellen, ist eine Wissenschaft für sich. Zwischen Juli und September ist Manfred Fischer von der Landwirtschaftskammer Rheinland den ganzen Tag unterwegs, pflückt Äpfel, nimmt sie mit und lässt sie in seinem Labor untersuchen. Im Büro von Bernd und Rudolf Schumacher rattert dann das Fax, die Werte werden übermittelt. Dabei geht es um den Zeitpunkt, an dem die Inhaltsstoffe ihr Optimum erreicht haben und der Apfel noch immer knackig und fest im Fleisch ist. Dazu kommt die Erfahrung der Schumachers. "Die Entscheidung, wann gepflückt wird, bleibt natürlich bei uns", sagt der Senior-Chef. Je kürzer die Vermarktungswege, desto geschmackvoller die Äpfel. "Wenn die auf eine lange Reise bis in die Supermarkttheke gehen müssen, werden sie früher geerntet, damit sie noch fester sind", erklärt Fischer. Doch da sei der Geschmack noch nicht so weit.

Äpfel muss man behandeln wie rohe Eier. Der Pflücker greift ihn, dreht ihn nach oben weg, bis er mitsamt dem Stiel vom Ast knickt. "Wenn der Stiel am Baum bleibt, hat der Apfel eine offene Stelle, von der aus er schnell schlecht werden kann", sagt Rudolf Schumacher. Er hält seine Pflücker an, mit beiden Händen zu arbeiten. "Dann schaffen sie bei kleinen Sorten 60 bis 80 Kilo in der Stunde." Wenn bei großen Sorten alle Äpfel gepflückt werden, schaffen sie locker 100.

Ein Apfel am Tag hält den Arzt aus dem Haus. Das sagt ein altes Tönisvorster Sprichwort.

Inhaltsstoffe Vitamine, Mineralstoffe und Balaststoffe sind an sich schon wertvolle Inhaltsstoffe. Dazu kommen sogenannte "sekundäre Inhaltsstoffe", denen man eine begünstigende Wirkung bei der Verhinderung von Krebs sowie von Herz- und Kreislauferkrankungen zuschreibt.

Fläche Auf 40 Hektar bauen die Schumachers an. Auf 60 Prozent der Bäume wachsen Äpfel, 15 Prozent entfallen jeweils auf Kirschen und Birnen, der Rest auf Pflaumen und Trauben

Saft Die Schumachers verarbeiten ihre Äpfel auch zu Saft, den sie auch in "Bag-in-Boxen" anbieten zu drei und fünf Liter anbieten. Der Saft wird schonend bei cirka 80 Grad pasteurisiert, so dass die Vitamine geschont werden und anschließend in einen Kunststoffbeutel gefüllt, der in einer stabilen Papierschachtel seine Form findet. Die Entnahme erfolgt duch einen kleinen Hahn. Deswegen ist er auch nach Anbruch mindestens zwei Monate haltbar.

Brennrechte Rudolf Schumacher würde die Äpfel zweiter Wahl gern zu hochprozentigen Spirituosen brennen. Doch beim Land NRW kann man keine neuen Brennrechte erwerben. Obstbauern in der Schweiz und in Österreich haben diese Möglichkeit des Zusatzverdienstes

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