Austauschprogramm: Staatsgast am Niederrhein

Seit fünf Monaten ist Daniel Alvarado in Deutschland. Er ist begeistert von den Menschen am Niederrhein.

Willich. Er lebte mit einem Vorurteil: Die Deutschen sind lange nicht so offen wie Menschen aus Kalifornien. Dann kam er nach Deutschland und musste sich korrigieren: „Die Leute sind total nett. Ich hätte nie gedacht, dass sie so offen sind.“

Der Mann, der solches sagt, heißt Daniel Alvarado. Über das Parlamentarische Partnerschaftsprogramm hält er sich derzeit hier auf, lebt bei der Familie Kindermann in Willich. Der 24-Jährige legt sogar noch nach: „Man hat gesagt, dass die Menschen hier am Niederrhein besonders offen sind.“

Der junge Mann ist nicht der „typische Ami“. Mexikanische Eltern, die nach Los Angeles gezogen sind, eine ganze Reihe von Auslandsaufenthalten, vier Sprachen, die er fließend beherrscht. Und eine Weltgewandtheit, die eher einen Staatsgast als einen Austausch-Studenten vermuten ließe.

Er ist zum vierten Mal in Deutschland, dieses Mal hat’s ihn an den Niederrhein verschlagen. Zwei Monate Sprachkurs, fünf Monate Praktikum bei der Hans-Böckler-Stiftung, fünf Monate Studium an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf — für Langeweile bleibt da keine Zeit. Wohl aber, um das Land kennen zu lernen.

„Ich liebe den Öffentlichen Nahverkehr. Aber wenn ich hier erzähle, dass ich gerne mit der Eisenbahn fahre, lachen die Leute“, sagt der Mann aus LA. Um gleich einen weiteren Unterschied zu schildern: „Hier sind so viele Menschen zu Fuß unterwegs. Das kenne ich von Zuhause überhaupt nicht.“

Dafür kennt er den Autoverkehr. Er kann den Wagen von Evi Kindermann nutzen, der Tochter seiner Gasteltern, die sich derzeit zu einem Austausch in Chicago aufhält. „Das macht er auch gerne“, erzählt Gastmutter Inge Kindermann. Allerdings habe ihm eine Fahrt nach und durch Düsseldorf gereicht. Seitdem fährt er nach Büderich und steigt in den Zug um. „Die Straßen hier sind so klein und so gewunden. Zu Hause gibt’s viel mehr Fahrspuren“, sagt er — also doch ein bisschen typisch Ami.

Letzteres trifft allerdings nicht auf seine Hobbys zu: In den USA pflegt er Capoeira, einen brasilianischen Kampfsport. Am Niederrhein ist er häufiger mit dem Gastvater unterwegs: zum Unterwasser-Rugby.

Aber auch in seinem Heimatland ist er ziemlich herumgekommen. Nach seinem Studium in LA (Germanistik, Kunstgeschichte, internationale Beziehungen) wechselte er in die amerikanische Hauptstadt. Hier studierte er politisches Management und in diesem Metier möchte er auch weitermachen. „Sind Sie Mitglied bei den Demokraten?“, will Pate Uwe Schummer (CDU MdB) wissen. Er ist auf jeden Fall Angehöriger der Grünen in Kalifornien, sagt Alvarado und erntet ein schmerzverzerrtes Gesicht seines Paten.

Bis Juli bleibt er in Deutschland. „Wann kommen Sie wieder“, fragt Bürgermeister Josef Heyes. „Am liebsten schon im August“, lautet die spontane Antwort.

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