Dreharbeiten: 1944 - Deportiert aus Anrath

Gregor Höppner filmt zurzeit in Süchteln, Anrath und Krefeld. Er erzählt von der 60-jährigen Anni, die auf einem Fahrrad aus dem Ort gebracht wurde.

Dreharbeiten: 1944 - Deportiert aus Anrath
Foto: Klaus Pillen

Anrath/Süchteln. Ein in der Sonne glänzender Oldtimer, ein paar Meter daneben ein altes Motorrad und ein noch älteres Herrenfahrrad — das waren gestern an der Propsteistraße in Süchteln wichtige Bestandteile der Kulisse für den Kurzfilm „Anrath“.

Er erzählt die Geschichte von Anni, einer 60-jährigen Jüdin, die im September 1944 auf einem Fahrrad von Anrath aus deportiert wurde.

Filmemacher Gregor Höppner hatte von ihrem Schicksal gelesen und sich dann die wahre Geschichte von Dr. Ingrid Schupetta, der Leiterin der NS-Dokumentationsstelle des Krefelder Stadtarchivs, erzählen lassen.

Die von Höppner verfilmte Version ist in großen Teilen erfunden. Von der Wahrheit blieb unter anderem, dass die Frau auf einer Fahrradstange sitzend abgeholt wurde und die Hauptakteure ein Schreibtischtäter und sein Opfer sind. „Die Frau wurde auch nicht von einem Polizisten, sondern vom Judenreferenten Schulenburg abgeholt. Dieser war Gestapo-Beamter und trug auch keine Uniform wie im Film“, sagt Schupetta.

Das leerstehende Haus an der Süchtelner Propsteistraße, in dem gestern gedreht wurde, fand das Team zufällig, als es auf der Suche nach geeigneten Drehorten war. Der Eigentümer hatte nichts dagegen. Gedreht wurde dort gestern Anfangsszenen des Films: Der Ortsgruppenleiter, der keinen Namen hat, überreicht dem Polizisten Schmidt den Deportationsbefehl für die Jüdin Anni. Dieser fährt mit dem Fahrrad zu der Frau, weil das eigentlich dafür vorgesehene Motorrad defekt ist.

Der Ortsgruppenleiter, seine Frau Helga und die Kinder sind zu sehen, wie sie ihr Auto packen, um vor den herannahenden Amerikanern zu fliehen. Die Hauptakteurin Anni kommt in dieser Szene nicht vor. Die weitere Handlung zeigt, wie Schmidt Anni auf der Stange seines Fahrrades zu dem Zug bringt, der sie in ein Konzentrationslager bringen soll.

Bewusst wird dem Zuschauer vor Augen geführt, dass es für die beiden Auswege aus der Situation hätte geben können. Einen Defekt am Fahrrad hätten sie nutzen können, um den Weg nicht fortzusetzen. Anni und Schmidt kommen sich zwar näher, am Ende bringt er sie aber trotzdem zum Zug.

Höppner will mit diesen Szenen den Zuschauer zum Nachdenken anregen, ohne mahnend den Zeigefinger zu heben. „Jeder kann für sich entscheiden, wo seine Grenze gewesen wäre und wo er aufgehört hätte“, sagt Höppner. Süchteln ist einer von drei Drehorten für „Anrath“. Gefilmt wurde auch auf dem Feld des Bauern Joppen in der Nähe von Anrath.

Heute ist Krefeld-Hüls der Schauplatz für die abschließenden Aufnahmen der insgesamt fünf Drehtage. Nach den Dreharbeiten wird die Bearbeitung des Filmmaterials drei bis vier Monate in Anspruch nehmen. Dann soll er auf Kurzfilmfestivals gezeigt werden und vielleicht auch im WDR-Fernsehen, wenn dieses daran interessiert ist.

Höppner und sein Team wollen sich aber auf jeden Fall auch für die große Unterstützung vor Ort bedanken. „Wir werden den Film auf jeden Fall auch im Kreis Viersen zeigen“, verspricht er.

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