Familie hat weder Gas noch Strom

Weil die Wohnung Mängel hat, minderte ein Willicher die Miete. Die Hausverwaltung weist die Vorwürfe zurück.

Willich. „Papa, warum wird das Wasser nicht warm?“ Wenn seine siebenjährige Tochter ihm solche Fragen stellt, dann bleibt ihr Vater Sinan Özkaya eine Antwort schuldig. Denn die Geschichte dahinter ist viel zu kompliziert, als dass ein kleines Mädchen sie begreifen könnte. Sie begann vor zwei Jahren mit dem Einzug der achtköpfigen Familie in das Hochhaus an der Goethestraße 64 in Willich und endete — zumindest vorläufig — damit, dass Strom und Gas abgestellt worden sind. Und damit bleibt auch das Wasser kalt.

Wer sich von Sinan Özkaya durch die 73 Quadratmeter in der vierten Etage des Hauses führen lässt, der braucht auf die meisten Mängel der Wohnung nicht extra hingewiesen zu werden — sie sind viel zu offensichtlich. Özkaya zählt auf: Die Gegensprechanlage sei defekt, die Balkontür schließe nicht richtig, Fenster ließen sich nicht öffnen, ein Heizkörper funktioniere nicht, dafür bollere ein anderer ohne Pause, weil er sich nicht mehr regulieren lasse.

„Hier ist so ziemlich alles kaputt“ sagt Özkaya und deutet durch den Raum. Immer wieder hätte er sich bei dem Hausverwalter beschwert, doch der habe nie etwas unternommen. „Also habe ich nach und nach die Miete um insgesamt 90 Prozent gekürzt. Statt 470 Euro warm, zahle ich jetzt nur noch 47 Euro monatlich“, sagt der 35-Jährige.

Zufrieden ist er mit dieser Lösung nicht. Er würde lieber die volle Miete zahlen und in einer vernünftigen Wohnung leben. „Es waren oft Sachverständige hier und haben sich alles notiert — aber passiert ist nie etwas“, sagt er. Dabei sei er nicht der einzige in dem Haus, der solche Probleme habe. „Ich kenne noch einige andere, die ihre Miete gekürzt haben und ihre Nebenkosten nicht mehr bezahlen.“

Eskaliert ist der Streit dann vor einigen Tagen, nachdem vor einem Monat der Verwalter des Objektes gewechselt hat. „Wir haben die Aufforderung bekommen, unsere Miete wieder voll zu zahlen. Als wir das nicht gemacht haben, sind uns Strom und Gas abgestellt worden“, sagt Özkaya. Den Strom habe er selbst wieder anstellen können, bei der Gas-Anlage sei allerdings ein Teil ausgebaut worden, so dass sie nicht mehr funktioniere.

Danach hat sich Sinan Özkaya einen Anwalt genommen, der eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, sagt der 35-Jährige, der als Lagerist arbeitet. „Dem Verwalter drohen jetzt bis zu 250 000 Euro Strafe, wenn er uns das noch einmal abstellt.“

Das aber sieht der neue Verwalter, der nicht mit Namen genannt werden möchte, anders. „Die Heizung funktioniert, und bis auf den Aufzug, den wir gerade reparieren lassen, ist an dem Haus alles in Ordnung, auch wenn es etwas dreckig und schmuddelig aussieht.“ Er bestätigt, dass man fünf Mietern des Hauses die Versorgung abgestellt habe. „Die zahlen seit zwei Jahren nichts, also bekommen sie von uns auch nichts.“

Gegen Familie Özkaya erhebt der Verwalter im Gegenzug schwere Vorwürfe: „Die haben sich illegal dort eingenistet und besitzen noch nicht einmal einen Mietvertrag. Mit denen einigen wir uns nicht“, sagt er. Daher habe er auch Anzeige wegen Betrugs gestellt.

Sinan Özkaya entgegnet, er habe die Anzeige bereits aus dem Weg geräumt. „Ich habe der Polizei meinen Mietvertrag gezeigt und der Staatsanwalt hat das Verfahren längst eingestellt“, sagt er. Der Vertrag liege nun bei seinem Anwalt. Trotzdem hoffe er nach wie vor auf eine friedliche Lösung: „Ich will das im Guten regeln.“

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