Flashmob gegen den Pflegenotstand: „Schlafen“, um aufzuwecken

Rund 20 Pflegemitarbeiter machten unter dem Motto „Die Pflege liegt am Boden“ auf ihre Situation aufmerksam.

Schiefbahn. Es war etwas diesig und kühl. Stefan Seng von der Mitarbeiter-Vertretung des Alten- und Pflegeheimes Hubertusstift hatte vorgebeugt und eine Isomatte dabei.

Er war nicht allein: Etwa 20 Personen legten sich zehn Minuten lang auf die Matten oder Schlafsäcke neben die Skulptur „Dorfgespräch“ vor das Hauptportal der katholischen Kirche.

Sie hatten Plakate mit den Aufschriften „Die Pflege liegt am Boden“ oder „Die Pflege ist ein Pflegefall“ mitgebracht und wollen durch die Protestaktion auf die vielen Missstände in der Pflege aufmerksam machen.

Per Internet war zu der liegenden Kundgebung aufgerufen worden. Unter den „Kurzschläfern“ war auch der Leiter des Schiefbahner Hubertusstiftes, Anton Deiringer: „Es muss endlich damit aufhören, dass auf die Missstände meistens nur mit mehr Kontrolle und zusätzlichen Dokumentationen reagiert wird, anstatt unseren Pflegekräften wieder mehr Zeit für die Bewohner und Kranken zu geben.“

Neben der Isomatte hatte Stefan Seng eine Laterne mit einer brennenden Kerze mitgebracht. Damit verband er die Hoffnung, dass den verantwortlichen Politikern bald ein Licht aufgehe. „Ich arbeite seit 35 Jahren als Pfleger. Früher hatte ich zum Beispiel Zeit, mit den gehbehinderten Bewohnern Übungen zu machen oder mit ihnen auf den Fluren auf und ab zu gehen, dafür ist überhaupt keine Zeit mehr.“

Der Pfleger, der die Interessen von etwa 110 Mitarbeitern vertritt, erinnert weiter daran, dass nahezu jede dritte Pflegekraft ob der Anforderungen resigniere, einen „Burn-out“ erleide oder in andere, besser bezahlte Pflegeberufe wechsele.

Auch die Pflegedienstleiterin des Schiefbahner Alten- und Pflegeheimes, Birgit Verheyen, forderte, die Flut der Dokumentationen und der Bürokratie endlich zu stoppen: „Es kann nicht sein, dass für die Kontrollinstanzen, ob Medizinischer Dienst oder Heimaufsicht, das Häkchen an der richtigen Stelle in den Protokollen wichtiger ist als der bedürftige Mensch.“

Es waren größtenteils Mitarbeiter des Hubertusstiftes, die an der Demo teilnahmen. Aber nicht nur: Aus Kleinenbroich war die Schwesterhelferin Ursula Bienefeld mit ihrer Familie gekommen, so mit ihrer Tochter Sophie.

Ob die 13-Jährige später auch mal einen Pflegeberuf ausübt? Sophie sagte sofort: „Auf keinen Fall, dies wäre mir nach den Berichten meiner Mutter viel zu anstrengend.“ Nach etwa zehn Minuten war das „sleep in“ vorbei.

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