Flüchtlingsheim: „Das wird böses Blut geben“

Um die Nutzung der Katharinen-Klinik als mögliches Heim für Flüchtlinge wird weiter gestritten. Eine Expertin warnt eindringlich.

Flüchtlingsheim: „Das wird böses Blut geben“
Foto: Archiv

Willich. Die Gespräche über die Zukunft des Katharinen-Hospitals als potenzielles Übergangsheim für Flüchtlinge gehen weiter. Gestern traf sich erneut eine Delegation der Bezirksregierung Arnsberg — die für die Verteilung der Flüchtlinge zuständig ist — zu Verhandlungen mit Vertretern der Stadt. Und wieder ging man ohne eine Einigung auseinander. „Es gibt noch keine Lösung, die für die Stadt erträglich ist“, sagt Bürgermeister Josef Heyes am Dienstag auf WZ-Anfrage.

Flüchtlingsheim: „Das wird böses Blut geben“
Foto: Lübke, Kurt (kul)

Knackpunkt bleibe die zentrale Lage der Klinik. Die Unterbringung von Flüchtlingen mitten im Stadtzentrum führe die erfolgreiche „dezentrale“ Strategie der vergangenen Jahre ad absurdum. „Wir haben in den Gesprächen klargemacht, dass es durchaus Alternativen gibt. Zum Beispiel leerstehende Gebäude oder Kasernen, die außerhalb liegen“, erklärt Heyes. Diese Möglichkeiten seien der Bezirksregierung nicht bekannt gewesen. „Die waren sehr froh über unsere Hinweise.“

Unterstützung bekommt Heyes unterdessen auch vom Willicher Arbeitskreis Fremde, der sich um Flüchtlinge kümmert. „Ein Übergangsheim an einer so zentralen Stelle kann Willich nicht verkraften. Das ist einfach kein idealer Ort. Auf beiden Seiten wird das nur böses Blut geben“, prophezeit die Vorsitzende Jutta van Amern, die seit 30 Jahren ehrenamtlich mit Asylbewerbern arbeitet.

Van Amern vermutet, dass es zu Anfeindungen kommen könnte. „Alles, was einem fremd ist, erzeugt Angst. Das ist ganz normal“, sagt die 60-jährige ausgebildete Lehrerin. „So eine negative Grundstimmung wirkt sich dann auch auf die Flüchtlinge aus.“ Besser sei eine Unterbringung der Asylbewerber in Gebäuden im Industriegebiet. „Dort gibt es passende Räumlichkeiten “, sagt van Amern.

Auch in Neuss werden die Verhandlungen zwischen Stadt und Bezirksregierung gespannt verfolgt — denn dort befindet sich der Hauptsitz der St. Augustinus-Kliniken, die Eigentümer der Immobilie. Die Neusser betonen, nicht aktiv nach einem Mieter für das Gebäude gesucht zu haben.

„Wir haben eine Anfrage der Bezirksregierung bekommen. Wir entscheiden auch nicht, ob dort Flüchtlinge untergebracht werden“, sagt eine Sprecherin. Grundsätzlich stehe man den Plänen der Bezirksregierung aber offen gegenüber, da die Hilfen für notleidende Menschen im Einklang mit den christlichen Grundsätzen des Hauses stünden.

Verlangen die St. Augustinus-Kliniken daher auch keine Miete für eine mögliche Nutzung als Flüchtlingsheim? „Es geht in erster Linie nicht um ökonomische Fragen, sondern um Mitmenschlichkeit“, sagt die Sprecherin. Der Nutzungsplan für das Gebäude sehe aber zurzeit nur ein Hospital vor. Noch in dieser Woche soll es darüber Gespräche geben. „Dann ist die Stadt gefordert, kreativ zu sein“, ergänzt die Sprecherin.

Jutta van Amern macht sich indes eher Gedanken, wie sie möglichen neuen Flüchtlingen helfen kann. „Das könnte auch eine Chance für bereits hier lebende Asylbewerber sein“, sagt sie. Diese könnten sich um „die Neuen“ kümmern, ihnen Mut zusprechen und mit ihnen in der Muttersprache reden. „Damit würden sie etwas Vertrautheit schaffen. Für jemanden, der seine Heimat verlassen musste, ist Vertrautheit das Wichtigste überhaupt.“

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