Inklusion: Der Rollstuhl als Sportgerät

Beim TV Schiefbahn trainieren rund 130 behinderte Jugendliche. Nun wird eine neue Gruppe aufgebaut.

Schiefbahn. Immer weitere Kreise zieht der integrative Sport des Schiefbahner Turnvereins. Hatte Stephan Adomeitis 2001 mit fünf gehandicapten Kindern begonnen, sind es mittlerweile mehr als 130 Kinder und Jugendliche. Es gibt es die verschiedensten sportlichen Aktivitäten. Und das Wichtigste: Da auch gesunde junge Leute dabei sind, werden untereinander Berührungsängste abgebaut, geht man fair, rücksichtsvoll und normal miteinander um.

Das Stichwort lautet Inklusion. Derzeit wird eine weitere Gruppe aufgebaut: Für Kinder und Jugendliche, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, gibt es ab sofort in der Halle der Hubertusschule ein sportlich-spielerisches Angebot.

„Mitmachen können aber auch diejenigen, die nicht im Rollstuhl sitzen. So erleben sie, wie selbstverständlich das Spiel und der Umgang von Gehandicapten und Gesunden miteinander ist“, sagt Adomeitis vor der ersten Übungsstunde, bei der er dem lizenzierten Übungsgleiter Stefan Graf assistiert. Der erklärt den Kindern in ihren Rollstühlen derweil eine erste Übung: „Wir werfen uns jetzt mal den Ball zu. Wer ihn nicht auffangen kann, macht Platz für den Nächsten.“

Die Gruppe trifft sich von nun an in der Schul-Turnhalle — jeden Donnerstag von 19 bis 20 Uhr. Es sind Jugendliche dabei, die den Rollstuhl nicht unbedingt brauchen. So die 17-jährige Jacqueline Limbach, die es gar nicht abwarten kann: „Wann machen wir denn endlich ein richtiges Basketballspiel?“ Jacqueline, die seit ihrem siebten Lebensjahr Epileptikerin ist, macht seit 2006 beim integrativen Sport des TV mit, hat mit dem Trampolinspringen angefangen, trainiert vier Stunden in der Woche drinnen, wie draußen und ist unter anderem Torwart des Fußballteams. Die 17-Jährige besucht die Förderschule in Traar, spielt dort auch in der AG Rollstuhl-Basketball.

„Es macht ihr Riesenspaß, sie ist viel ausgeglichener als früher, hat Freunde gefunden, die sich untereinander helfen, sich respektieren“, erzählt ihre Mutter Elisabeth Limbach. Dies kann die St. Töniserin Nicole Bahnen nur bestätigen. Auch ihre Tochter Carlotta (14) besucht die Traarer Schule, leidet seit ihrem neunten Lebensmonat an einer schweren Epilepsie und macht seit etwa neun Monaten beim TV mit: „Früher war sie bei einem Turnverein in Forstwald und durfte aufgrund ihrer motorischen Störungen nur bei viel jüngeren Kindern mitmachen.

Hier gehört sie von Anfang an bei den Gleichaltrigen dazu.“ Nicole spielt wie Jacqueline gerne Fußball, ist begeistert beim ersten Training dabei und freut sich riesig auf die eine Ski-Freizeit nach Tirol mit ihren Klassenkameraden.

Wie selbstverständlich sitzen auch gesunde Kinder in den Rollstühlen, so der neunjährige Benjamin Graf. Stephan Adomeitis hofft, dass jetzt auch querschnittsgelähmte Kinder den Weg zum TV und zum neuen Angebot finden.

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