Plötzlich ist das Leben vorbei

Polizei, Feuerwehr und eine Ärztin schilderten vor Schülern und Auszubildenden schlimme Situationen aus dem Straßenverkehr.

Willich. Einige Schüler verließen zwischendurch den Raum, so sehr gingen ihnen die Schilderungen unter die Haut. Und selbst Polizeibeamte, Feuerwehrmänner oder eine Notärztin waren noch sehr betroffen, als sie gestern im Willicher Berufskolleg über ihre Einsätze bei Verkehrsunfällen sprachen, in denen ausnahmslos junge Auto- oder Motorradfahrer beteiligt waren. Mit einem Crash-Kurs hatte das Kommissariat „Verkehrsunfall-Prävention“ der Kreispolizei die Berufsschüler mehr als nachdenklich gemacht.

Mulmig wurde es den 17- bis 21-jährigen Schülern oder Auszubildenden schon auf dem Weg zum Veranstaltungsraum. Davor stand ein Sarg, brannten Kerzen und standen auf den Kreuzen als fiktive Unfallopfer unter anderem die Namen Aleks, Florian, Jaqueline und Kerstin. „Es kann jeden von Euch erwischen, passt auf Euch auf“, sagte vor den 140 jungen Leuten der Leiter des Präventions-Kommissariats, Hauptkommissar Hans-Gerd Dückers. Er nannte Zahlen aus der Unfallstatistik: „Jeder vierte Verkehrstote kommt aus Eurer Altersgruppe, aber ihr macht nur acht Prozent aller Altersgruppen aus.“ In der Mehrzahl sei keineswegs die Unfallursache ein Zusammenstoß, sondern das Abkommen von der Fahrbahn. Gründe: zu schnelles Fahren, Alkohol oder Drogen, SMS schreiben oder Anrufe während der Fahrt, nicht angegurtet.

Sichtlich noch bewegt von einem Monate zurückliegenden Ereignis war Polizist Markus Luer. Er wurde während der Pfingsttage mit Kollegen zu einem Verkehrsunfall in unmittelbarer Nähe eines Musikfestivals im niederländischen Renesse gerufen. Ein junger Autofahrer hatte verbotswidrig überholt und war frontal auf einen entgegenkommenden Pkw gerast. Ein Familienvater und sein 14-jähriger Sohn waren sofort tot. Und die Polizisten stellten fest, dass die Mutter mit ihren weiteren drei Kindern auf einem Campingplatz in der Nähe waren. Luer musste die Nachricht überbringen. „Man weiß, was man sagen muss, aber man findet nicht die richtigen Worte“, schilderte der Willicher Polizeibeamte Frank Weißkirchen eine andere Situation. Dabei war ein 18—Jähriger, der mit seinen zwei Brüdern aus der Eifel kam und infolge von Übermüdung wenige Kilometer vor dem elterliche Haus einnickte. Der Wagen prallte gegen eine Eiche, zwei Brüder starben. Weißkirchen appellierte: „Bitte, lasst mich nicht bei Euren Eltern klingeln.“

„Es war sehr bewegend“, meinte danach Sinan Bulut (17) aus Anrath. Er macht in den nächsten Tagen seine theoretische Fahrprüfung. „Ich nehme mir vor, nie riskant zu fahren.“ Auch der Willicher Max Haines (19) fand: „Die Schilderungen waren sehr eindrucksvoll.“

Unter die Haut gingen auch Erinnerungen einer Notärztin von der Rettungswache Kempen. Die Kempenerin hatte stets sehr gute Kontakte zu ihrer Nachbarin, die einen Sohn (20) hatte. Und dieser war als riskanter Motorradfahrer bekannt. Sie wurde zu einem Unfall gerufen, bei dem das Gesicht des Unfallopfers nicht mehr zu erkennen war. Erst wenig später stellte sie durch den Personalausweis fest, dass es der Sohn der Nachbarin war. Und die Mutter wollte noch Wochen später Details des Unfalls und das Aussehen ihres Sohnes wissen.

Über ähnliche Unfälle berichteten die Feuerwehrmänner Klaus-Thomas Riedel und Bernd Teschen. Heute geht der Crash-Kurs am Berufskolleg weiter.

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