Seit zehn Jahren Hilfe für Abhängige

Das Therapiezentrum in Niederheide feierte sein Jubiläum mit einem Tag der Offenen Tür. Dabei wurde auch an den schwierigen Start erinnert.

Seit zehn Jahren Hilfe für Abhängige
Foto: Lübke, Kurt (kul)

Schiefbahn. Mit Alkohol und Marihuana fing es an. Damals war Dirk Downar 17 Jahre alt. In späteren Jahren kam Heroin dazu, täglich bis zu drei Gramm. Der gelernte Bergmann hatte 1993 seine Frau kennengelernt und war danach über elf Jahre drogenfrei. Nach dem Scheitern der Ehe kam der Rückfall, weitere folgten. Schon einmal war der heute 48-Jährige im AHG-Therapiezentrum „Haus Willich“. Seit dem 6. Februar dieses Jahres ist er wieder da. „Ich will es jetzt schaffen, denn hier werde ich sehr gut betreut“, sagt er, als am Donnerstag die am Rand von Schiefbahn liegende Einrichtung ihr zehnjähriges Bestehen feierte.

Ist das schon zehn Jahre her? Beim gestrigen — von Angehörigen, Verbänden, Politikern und Verwaltungsvertretern sehr gut besuchten Jubiläumsfest — erinnerten sowohl Willichs Bürgermeister Josef Heyes als auch Jacky Kampe, der mit seinem Viersener Suchtberatungs-Verein „Kontakt-Rat-Hilfe“ ein wichtiger Impulsgeber dieses Therapiezentrum gewesen war, an die vielen Proteste im Herbst 2004. Damals liefen Schulen, Kindergärten, Schützen, Heimatverein, Politiker und Nachbarn gegen die Einrichtung Sturm.

Zu den Kritikern gehörte damals auch Christoph Macke. Der heute 76-Jährige sah sich ähnliche bereits existierende Einrichtungen an und machte danach wie viele andere auch eine Kehrtwende.

Bürgermeister Heyes sagte den Verantwortlichen um Leiter Heinz Tichelbäcker: „Danke, dass sie uns nicht enttäuscht und Wort gehalten haben, hier leben Nachbarn wie du und ich.“ Und Jacky Kampe ergänzte: „Es ist toll, was sich hier entwickelt hat.“

Derzeit leben 29 Bewohner in dem Haus an der Wilhelm-Hormes-Straße. Die stellvertretende Leiterin, Andrea Balsam, stellte die Einrichtung vor, in der die 26 Männer und drei Frauen auch tagsüber neben den therapeutischen Stunden Beschäftigung haben. Sei es im Garten, in der Holz- und Fahrradwerkstatt, in der Küche, mit Renovierungsarbeiten oder mit speziellen Kursen.

„Ich möchte gerne mit zwei Bewohnern einen Gitarrenkurs machen“, wünschte sich Dirk Downar. Schon etwas weiter ist der Niederländer Paul Hübers (59), ihn besuchte am Donnerstag sein Zwillingsbruder. Auch er hatte zuletzt 2007 Heroin genommen und wurde dann auf eigenen Wunsch nach der Entgiftung im Therapiezentrum aufgenommen. Er kocht gerne, begann mit dem Malen, zeigte am Donnerstag stolz seine Bleistiftzeichnungen und Aquarelle und sagte: „Ich bin seit fast sieben Jahren clean und werde wahrscheinlich im September mit drei anderen Bewohnern eine eigene Wohnung in Mönchengladbach beziehen und dann nur noch ambulant betreut.“

„Die Zehn steht dafür, dass wir uns alle bewährt haben müssen“, meinte Andrea Balsam. Kunst-Therapeutin Dorothee Haiduk hatte mit Bleistift das Gebäude gemalt, in dem bis in die 60er Jahre die kleine katholische Volksschule Schiefbahn II war. Jeder Gast konnte darauf seinen Daumenabdruck hinterlassen. „Trauen Sie sich was zu“, appellierte Willichs Bürgermeister an die vielen Betriebe in Willich, vielleicht Bewohner für bestimmte Arbeiten zu beschäftigen — eventuell auch nur stundenweise. „Es wäre einen Versuch wert“, meinte eine der Mitarbeiterinnen.

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