Tuchfabrik Jakob Krebs: Schmuckstück statt Ruine

Auf dem Gelände der Tuchfabrik Jakob Krebs sind viele neue Firmen beheimatet. Alte Gebäude erinnern an die Geschichte.

Anrath. Ihr 100-jähriges Bestehen hatte die Firma noch feiern können — vier Jahre später war Schluss. Die Produkte der Tuchfabrik Jakob Krebs hatten Weltruf, hier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg das Mischgewebe Trevira erfunden. Mitte der 70er begann der Niedergang, der trotz aller Bemühungen nicht zu stoppen war. 1994 kam das Aus, das Areal allerdings gammelte nicht lange vor sich hin.

Auf dem großen Gelände hat sich ein ganzes Konglomerat von Firmen angesiedelt — die Palette ist breit. Auffällig, und das waren die ersten Flächen, die vermarktet wurden: Aldi und der benachbarte Getränkemarkt. Nicht ganz so augenfällig, aber viel pittoresker: die alte Sommervilla von Krebs. Hier wollte ursprünglich der Verlag Menden einziehen. Allerdings war das Gebäude dafür nicht geeignet. So entstand ein Glasbau quasi vor historischer Kulisse. „Die Villa haben wir nach den Vorgaben des Denkmalschutzes wieder in ihren alten Zustand zurückversetzt“, sagt Jörg Menden. Und der Stolz in seiner Stimme ist gerechtfertigt. Das Teil ist ein kleines Schmuckstück inmitten dieser Industrie-Atmosphäre.

Im ehemaligen Verwaltungsgebäude sitzt heute die Firma Medisol (Rein EDV). Auch hier wurde der Eingangsbereich mit dem klassischen Treppenhaus belassen und atmet so ein wenig von dem Flair, das Besucher jahrzehntelang hatten, wenn sie „den Doktor“ — Firmenchef Hans Jakob Krebs — besuchten. Das Unternehmen selbst ist hochmodern. Medisol ist spezialisiert auf Monitor- und Computerlösungen im medizinischen Bereich. So produziert die Firma unter anderem Bildschirme, auf denen Ärzte einen geradelaufenden endoskopischen Eingriff beobachten können. Außerdem entwickelt und produziert Rein EDV hygienisch einwandfreie Computer.

Zuständig für die Vermietung und Vermarktung des größten Teils des Areals ist Birgit Holl-Pesch von Prangenberg und Zaum. „Es gibt noch vier Einheiten, die man mieten kann, insgesamt gut 2000 Quadratmeter“, sagt sie. Der Rest ist vermarktet, sagt sie stolz. Sogar der Schornstein der alten Fabrik werde wieder genutzt, erklärt sie augenzwinkernd. Allerdings nicht zur Produktion, sondern für Funknetze. Hier haben die Mobilfunkbetreiber Antennen angebracht.

Stolz ist Birgit Holl-Pesch zudem, dass es gelungen ist, die Seite zum Bahnhof hin ansprechend zu gestalten. Da soll sich noch einiges tun. Nach verschiedenen Betreiber-Wechseln heißt die Diskothek nun „Grooveline“. Die Räume wurden innen komplett umgestaltet. „Dort soll sogar noch ein Bistro mit Außenbereich entstehen“, erklärt Holl-Pesch. Das sei dann auch als Anfahrstation für Radler interessant.

Mit der Firma Schunk Ingenieur-Keramik hat sich ein Unternehmen angesiedelt, das ansonsten in Münchheide seinen Sitz hat. Hier hat die Firma ihre Schleiferei. Produziert werden unter anderem Produkte für militärischen Gebrauch.

In gewisser Weise mischte Prangenberg und Zaum sogar beim Anrather Ortsjubiläum mit. Da stand nämlich unmittelbar am Krebs-Gelände das alte Heiligenhäuschen und gammelte vor sich hin. Auf Kosten von P & Z wurde es komplett restauriert.

Und sonst? Es gibt ganz klassische Firmen, die sich niedergelassen haben. Da ist die Zentrale von Taxi Streng, der Gartenbaubetrieb Andreas Oerschkes und die Dreherei Rieger, um nur einige zu nennen. Ein kleiner Exot ist die Wing-Tsun Kampfschule Willich von Hans-Jürgen Gerdel.

Es war für den Ort eine Katastrophe, als die Tuchfabrik Krebs in die Knie ging. Arbeitsplätze gingen verloren, Kaufkraft wanderte ab, das Gelände drohte zu einer Ruine zu werden. Das Gegenteil einer Katastrophe ist eingetreten: Vieles erinnert an die Vergangenheit, deutlich hat die Moderne Einzug gehalten. Der Stadt ist ein Schandfleck erspart geblieben.

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