Willicher Ortskern autofrei? Firmen sind skeptisch

Der Willicher Ortskern soll komplett umgestaltet werden. Was sagen die dort ansässigen Geschäftsleute?

Willich. Der Ortskern von Alt-Willich soll schöner werden: Ein von der Stadt beschlossenes Handlungskonzept sieht ab 2013 in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren eine völlige Umgestaltung vor — eine Förderung durch Landesmittel vorausgesetzt. Zum Konzept gehört dabei auch die autofreie Gestaltung des Marktes. Doch was halten die ortsansässigen Händler von solchen Ideen? Die WZ hat sich umgehört.

„Wir sind dagegen, den Autoverkehr hier völlig rauszuholen“, sagt Claudia Greis von der gleichnamigen Bäckerei. Im Gegenteil: Man sei froh um jeden Parkplatz, den es an der Kirche noch gebe. Denn schon ab 6 Uhr morgens fahren bei ihr die Kunden vor, um frische Brötchen zu holen. Die aktuellen Pläne seien für ihre Bäckerei „existenzbedrohend“. Denn schon jetzt werde für die kleinen Handwerksbetriebe die Konkurrenz durch billiges Discounter-Brot immer größer. „Sehr enttäuscht“ ist sie auch über die Ergebnisse der „Zukunftswerkstatt“ für den Ortskern: „Ich habe mitgemacht und dafür drei Abende geopfert.“ Ihre Vorschläge und Bedenken fänden sich aber nicht wieder.

Ein strikter Gegner eines autofreien Marktes ist Metzgermeister Uwe Forgber, der sein Geschäft direkt angrenzend an der Bahnstraße 3a hat: „An der Peripherie tut die Stadt alles, lässt dort große SB-Märkte und Betriebe entstehen, aber hier drinnen wird an die Älteren, die nicht mehr so gut zu Fuß sind und nicht 400 Meter zum Parkplatz laufen wollen, überhaupt nicht gedacht. Aber es gibt doch in etwa 50 Meter Entfernung den großen Parkplatz am Domgarten? Auch dieses Argument lässt der Willicher Schützenkönig nicht gelten: „Dieser Platz wird überhaupt nicht angenommen.“

Wie Uwe Forgber warnt auch der Chef des „Willicher Eishimmels“, Ulrich Keesmakers, davor, mit der Holzhammer-Methode ranzugehen und ohne begleitende Maßnahmen den Platz zu sperren: „Das Fiasko haben wir kürzlich in Osterath erlebt, als einige Händler dicht gemacht haben.“ Der Platz müsse erst einmal viel einladender gestaltet werden. Dazu gehöre auch eine anspruchsvolle Gastronomie, so mit einer Tapas-Bar, einem spanischen oder italienischen Restaurant. Was auf keinen Fall passieren darf: „Dass jetzt dort weitere Cafés entstehen, dann könnte man auch den Marktplatz gleich in einen Kaffee-Platz umwandeln.“

Osterather Verhältnisse wünscht sich auch nicht der Chef der Markt-Apotheke, Christian Förster: „Der Markt ist jetzt schon mit Ausnahme des Wochenmarktes tot, daran würde sich auch bei einem Autofrei nichts ändern.“ Der Branchen-Mix stimme dort überhaupt nicht. Man solle erst einmal den Platz für die Kunden interessanter machen.

Vera Klein von der Accessoires- und Geschenk-Boutique „Präsent“ an der vorderen Kreuzstraße hat noch keine abschließende Meinung, nur so viel: „Es muss was hin zu einer größeren Attraktivität geschehen.“ Und auch ihre Kunden wünschten sich Parkplätze in unmittelbarer Nähe. Vera Klein weiter: „Auch auf den Parkplatz am Domgarten muss viel besser hingewiesen werden.“

„Wir brauchen sicherlich eine Belebung des Marktplatzes, aber keine strikte Abbindung vom Autoverkehr“, sagt Alfred Erren, der dort seit langem unter anderem Bastelartikel, Spiel — und Schreibwaren verkauft. Aber wie lässt sich dies vereinbaren, Poller weg und dennoch das Parken ermöglichen? Erren hat darauf kein Patentrezept, äußert aber die Befürchtung, dass nicht nur bei ihm bei einem autofreien Platz die Umsätze zurückgehen würden: „Weil wir dann nicht mehr so gesehen werden und der schnelle Einkauf wegfällt.“

„Nahe Parkplätze sind wichtig“, sagt die Filialleiterin vom „Beauty Hair Store“, Ulrike Anders (Markt 1). Auch sie vermisst die fehlende Attraktivität des Platzes.

So wie gleich nebenan der Mitarbeiter des Reisebüros „Der Reisefuchs“, Horst Seufert, der generell für einen autofreien Markt ist. Voraussetzung müsse aber sein, dass der Platz das ganze Jahr über belebt wird. Und sein Vorschlag: „Fest installierte Pavillons wären ganz gut, in der zum Beispiel die Markthändler ihre Waren verkaufen, die aber auch bei anderen Aktivitäten, wie Feste oder kulturelle Veranstaltungen genutzt werden könnten.“

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