„Zweigleisig“ in Stadt und Kreis

Hans Kothen saß im Willicher Rat und im Kreistag — was oft Probleme verursachte.

„Zweigleisig“ in Stadt und Kreis
Foto: Reimann

Willich. Gerade zarte neun Jahre alt war der Kreis Viersen, als 1984 ein Willicher Politiker die Kreisbühne betrat und sie 25 Jahre nicht mehr verlassen sollte: Hans Kothen. Während andere, die im Kreistag saßen, nie ihre Anonymität ablegen konnten, war Kothen bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund.

Er kam mit dem Umzug der Kreisverwaltung von Kempen nach Viersen in das politische Amt. „Ich habe noch den Oberkreisdirektor Hermann Müller erlebt“, erinnert er sich. Das allerdings nur noch einige Monaten. Danach kam Heinz-Josef Vogt ans Ruder.

„Ich war eine Ausnahme“, erzählt der Ur-Willicher. Eigentlich waren Doppelmandate — Stadtrat und Kreistag — in Willich unerwünscht. Bei Kothen machte die CDU eine Ausnahme, er fuhr mehr als 20 Jahre lang „zweigleisig“. „Das war oft nicht einfach“, schildert der heute 78-Jährige. „Das Verhältnis zwischen dem Kreis und den Städten war nicht immer gut.“

Ihm sei zu Beginn nicht klar gewesen, welche Aufgabe seine Partei ihm da aufgebürdet habe. Wenn zum Beispiel in Willich die Haushaltsberatungen anstanden, mahnten die Kollegen von der Opposition, er solle sich reinhängen und dafür sorgen, dass die Kreisumlage gesenkt werde. Die Kollegen im Kreistag hätten aber ganz andere Interessen gehabt.

Mit solchen Problemen mussten sich die anderen Willicher Kreistagsmitglieder nur sehr bedingt herumschlagen, schließlich saßen sie nicht im Stadtrat. Bei Kothen kam hinzu, dass er als Geschäftsführer des Katharinen-Hospitals bekannt war. „Andere waren anonym. Selbst Heinrich Tummel (früherer CDU-Fraktions-Chef im Kreistag; Anm. der Redaktion) kannten nicht viele Menschen als Kreispolitiker“, erzählt Kothen. Mit ihm habe er sich oft über kreispolitische Entscheidungen auseinandersetzen müssen.

Eine andere Konfrontation, die ihn geprägt hat, war die Integration der Sparkasse Nettetal in die Sparkasse Krefeld. „Da musste Überzeugungsarbeit geleistet werden.“ Er habe immer versucht, gute Verhältnisse zu Ämtern und andern Abgeordnete aufzubauen.

Es ging aber auch in die andere Richtung. So schaffte Willich es, ein eigenes Jugendamt zu etablieren, ebenso eine Bauverwaltung. Aufgaben wurden ins Kommunale gezogen. „Da wurden ja dann die Kosten für die Kreisumlage immer wieder anders gerechnet.“

Und noch eines hat das politische Ehrenamt Kothen eingebracht: eine intensive Ortskenntnis des Kreises. „Ich kann selbst die ganz kleinen Orte einsortieren“, lacht er. Schließlich sei er viel herumgekommen.

Hans Kothen, 25 Jahre Mitglied des Kreistages

Als der Kreis gegründet wurde, war auch die Stadt Willich noch jung. Sie wurde 1970 aus der Taufe gehoben. Allerdings war das Ortsteildenken noch lange sehr verbreitet. „Das hat sicher zwei Generationen gedauert, bis es deutlich besser war“, glaubt Kothen. „Die jungen Leute heutzutage sehen das völlig anders als wir früher.“

Die Zeiten waren andere. „Ein Neersener ist ein Neersener. Sonst nix. Und die Schiefbahner und Anrather fühlten sich lange Zeit gegenüber den Willichern benachtteiligt, quasi abgehängt“, so Kothen. Obwohl es auch positive Beispiele gegeben hat. Kothen nennt Manfred Möller aus Anrath, der gerade 90 Jahre alt geworden ist. „Der war nie verbohrt.“ Und wie war das mit Josef Heyes? „Er ist schon ein typischer Schiefbahner. Das ist seine Art.“ Kothen spielt hier auf Heyes’ — positiv ausgedrückt — Standvermögen an.

Alles in allem ist er mit der Entwicklung zufrieden. „Das Stadtteildenken war schneller aufgelöst als die Anonymität des Kreises.“ Dazu würden sicher viele seiner politischen Gefährten zustimmend nicken.

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