#4U9525 Christof Wellens kämpft für die Entschädigung der Opfer

Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine vertritt der Anwalt vom Mönchengladbacher Opferrechte-Verein Crash Angehörige. Und hilft darüberhinaus ehrenamtlich.

#4U9525: Christof Wellens kämpft für die Entschädigung der Opfer
Foto: Detlef Ilgner

Mönchengladbach. Christof Wellens ist dieser Tage ein gefragter Mann. „Als es passiert ist, habe ich alles stehen und liegen lassen. Es war klar, dass wir helfen müssen“, erinnert sich der Vorsitzende des gemeinnützigen Opferrechte-Vereins Crash an das grausame Ende des Germanwingsflugs 4U9525 am 24. März. Nach dem Airbus-Absturz in den französischen Alpen stand die Hotline bei dem Mönchengladbacher Verein nicht mehr still, Wellens brach seinen Urlaub ab, machte sich an die Arbeit. Heute vertritt der Anwalt 60 Angehörige von 20 Familien aus Deutschland oder mit deutschem Bezug.

#4U9525: Christof Wellens kämpft für die Entschädigung der Opfer
Foto: dpa

Am Anfang stand ein beispielloses Unglück: Beim Absturz der Concorde im Jahr 2000 bei Paris starben alle 109 Menschen an Bord, darunter 13 Mönchengladbacher. „Damals war schnelle Hilfe, besonders finanzieller Art, wichtig“, erinnert sich Wellens, weil einerseits viele elternlose Kinder zu versorgen waren und andererseits führungslose Betriebe am Laufen gehalten werden mussten. Innerhalb kurzer Zeit“ wurden Entschädigungszahlungen erzielt, die deutlich über den in Deutschland üblichen 100 000 Euro lagen. Die Angehörigen der Opfer stellten einen Teil der erhaltenen Gesamtentschädigung zur Verfügung, um wiederum anderen zu helfen. Finanzielle Basis für den Verein Crash, der Opfern vor allem von Flugzeugunglücken schnell und unbürokratisch helfen und das Bewusstsein für die Rechte der Opfer schärfen will.

Wellens, Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht sowie Experte für Versicherungsrecht, vertrat Angehörige aus 25 Familien. Er brachte neben der rechtlichen Unterstützung auch ein Büro für die unvermeidbaren bürokratischen Arbeiten ein. Nach einem Jahr waren die Entschädigungsverhandlungen für die Betroffenen erfolgreich abgeschlossen und der Verein gegründet. „Das Helfen ist sowieso meine Lebensmaxime“, sagt Wellens, der auch Vorsitzender der Mönchengladbacher Caritas ist. Ein Anliegen, das er mit seiner Familie, zu der neben seiner Frau noch drei erwachsene Söhne gehören, teilt. „Meine Frau ist Seelsorgerin und kennt das“, weiß Wellens.

Auch bei der 4U9525-Katastrophe stehen die Soforthilfen an erster Stelle , die bei Flugzeugunfällen international geregelt sind. Laut Montrealer Abkommen müssen mindestens 20 000 Euro pro Opfer binnen 15 Tagen ausgezahlt werden — im Unterschied zu Hilfen bei Bahn- oder anderen Unglücken, bei denen es derlei Festsetzung nicht gibt. Die Germanwings-Mutter Lufthansa hat angekündigt, bis zu 50 000 Euro zu zahlen. Gleichwohl wurde bereits Kritik laut, es scheint nicht alles reibungslos zu verlaufen.

Geklärt ist für Christof Wellens die Schuldfrage. Er sieht die Lufthansa in der Haftung, die für ihr Personal einstehen müsse und sich nicht von der Schuld des Co-Piloten distanzieren könne. Bei den Entschädigungsverhandlungen wartet eine besondere Herausforderung: Der Absturz des Airbus ist ein grenzüberschreitendes Thema, bei dem „Benachteiligungen für die Opfer wegen der unterschiedlichen Landesgesetze drohen“. Es herrsche „eine komplizierte Gemengelage“, da mindestens vier Rechtsordnungen — die spanische, deutsche, französische und US-amerikanische — betroffen seien. Wellens: „Hier gilt es, die großzügigste Lösung und einen wirklichen Täter-Opfer-Ausgleich auszuhandeln.“

„Daneben“ kümmert sich Wellens ehrenamtlich um Behördengänge, Beschaffung von Dokumenten, Verträge von Handys, die es jetzt nicht mehr gibt, oder E-Mail-Konten. Bei fünf Kindern, die in Frankreich ihre Eltern verloren haben, half er zum Beispiel dabei, dass sie überhaupt Zugang zum Bankkonto der Eltern bekamen. Dabei ist der 52-Jährige wie immer bemüht, trotz starken Mitgefühls professionelle Distanz zu wahren — auch wenn er so manches Schicksal mit nach Hause nimmt. Nach etwa einem Jahr, so hofft der Anwalt, ist alles geregelt.

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