Geburtshaus feiert Zehnjähriges

Die Hebammen sehen jedoch ihre Existenz bedroht.

Geburtshaus feiert Zehnjähriges
Foto: Busch

Viersen. Als Claudia Tiuela im Jahr 2003 ihre Hebammentätigkeit aufnahm, lag ihre Berufshaftpflichtversicherung bei 420 Euro pro Jahr. Heute, zwölf Jahre später, zahlt die Hebamme, die zusammen mit Sylvia Hönig das Geburtshaus Fidelis in Dülken betreibt, 6400 Euro. Die Haftpflichtversicherungsprämien haben sich mehr als verzehnfacht und das unabhängig von den Geburten, die eine Hebamme begleitet. „Als freiberufliche Hebammen müssen wir damit Kosten tragen, die wir teilweise gar nicht mehr erwirtschaften können. Hebammen, die nur wenige Geburten begleiten, können dies nicht mehr leisten und ziehen sich aus ihrem Beruf zurück“, sagt Tiuela.

Das merken Schwangere, wenn sie auf der Suche nach einer Hebamme sind. Etliche sind über Monate hinaus ausgebucht, weil sich viele ihrer Kolleginnen vollständig aus der Geburtshilfe zurückgezogen haben. Denn, wenn die Versicherungspolice das Einkommen auffrisst, macht es wenig Sinn zu arbeiten, egal, wie viel Freude man an dieser besonderen und verantwortungsvollen Arbeit hat.

Die Erhöhung der Versicherung begründet sich dabei aber nicht, weil es mehr geburtsrechtliche Schadensfälle gibt, für die Hebammen verantwortlich gemacht werden. Vielmehr sind die Ausgaben für schwere Schäden, wenn sie denn passieren, drastisch gestiegen. Schadensersatzansprüche sind in die Höhe geschnellt und dank des medizinischen Fortschrittes leben auch schwer behinderte Kinder heute länger. Was aber wiederum bedeutet, dass die Kosten für deren Lebensunterhalt gestiegen sind. Galten im Jahr 2003 noch 2,5 Millionen Euro als ausreichend für eine Schadensabdeckung, so liegt die Regulierungssumme heute bei sechs Millionen Euro. Außerdem ist der Versicherungsmarkt inzwischen so dezimiert, dass der Deutsche Hebammenverband derzeit nur noch bis Juni 2016 ein Angebot für eine Versicherung hat. Hebammen dürfen aber nur arbeiten, wenn sie eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung nachweisen können. „Für uns bedeutet das in der Praxis, dass wir Schwangeren aktuell nicht mehr zusagen können, dass wir uns ab Juni des nächsten Jahres um sie kümmern dürfen“, verdeutlicht Hönig die einsetzende Problematik.

Für die beiden Inhaberinnen vom Fidelis ist dies eine mehr als nur unmutbare Situation. Sie bedroht die Existenz des Geburtshauses. Daher war die Problematik auch ein Thema bei der Feier anlässlich des zehnjährigen Bestehens von Fidelis. Bei den Besuchern der kristallisierte sich eins heraus. „Ich möchte selbst bestimmen, wo ich entbinde“, brachte es Maria-Kathleen Zorn auf den Punkt. Und dafür brauchen Schwangere die Möglichkeit der Hausentbindung genauso wie ein Geburtshaus als auch eine Klinik. Und sie brauchen vor allen Dingen ausreichend Hebammen.

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