Kafkas „Josefine“ im Theater - Premiere in Rheydt

Eine Kurzgeschichte des berühmten Autors feierte in Form des Stücks „Josefine“ am Samstag Premiere in Rheydt.

Mönchengladbach. Ein Experiment ist die Aufführung von „Josefine“, die am Samstagabend im Theater in Rheydt Premiere feierte. Nicht mehr, und nicht weniger, und das ist auch gewollt. Schließlich übernimmt der Fond experimentelles Musiktheater des Landes NRW 80 000 Euro für die Produktion des Stückes, das eine Jury aus 40 Einsendungen für das Gemeinschaftstheater Krefeld Mönchengladbach ausgewählt hat. Es ist ein Experiment, die Kurzgeschichte „Josefine oder das Volk der Mäuse“ von Franz Kafka auf die Bühne zu bringen.

Es geht um den Sonderstatus einer Künstlerin, deren Anspruch sich lediglich aus ihrem divenhaften Gehabe und nicht etwa aus ihrem herausragenden Können ableitet. Eine Parabel aus dem Jahr 1924, die als Folie für manche Künstler gelten kann.

Das Team aus dem Komponisten Sagardía, dem Regisseur Christian Grammel und dem Texter Björn SC Deigner ging es nach eigenen Aussagen darum, einerseits Klänge zu schaffen, wie Kafka sie gemeint haben könnte, und dies andererseits auf den Menschen in Zeiten des Internets zu beziehen.

Immer wieder leuchten im Übertitelungsfeld über der Bühne Fragen auf: „Wo ist Josefine?“ und „Wie klingt das Internet?“ — zu Texten, die einzelne Protagonisten auf der Bühne sprechen, zur Musik vom Orchester, zum piepsenden Gesang des Laienchores, der sich über die Bühne bewegt, die auch weite Teile des Zuschauerraums in schiefen Ebenen und Bezügen zu den Ausgängen einbezieht.

Das stellt an den Zuschauer Anforderungen, wie er sie von vielen gleichzeitig hereinströmenden E-Mails und mehreren geöffneten Chat-Programmen kennen könnte. Immer wieder „spielen sich“ einzelne Individuen in den Vordergrund, bleiben aber von den anderen weitgehende unbeachtet. Die Spannung zwischen dem Star und der Masse, wie Kafka sie beschreibt, ist aber dabei nicht spürbar. So erscheint die Aufführung „kafkaesk“, in dem Sinne, in dem das Wort heutzutage landläufig genutzt wird: surreal, nicht nachvollziehbar, unlogisch, an der Realität vorbei gehend und verwirrend.

Ob die Aufführung ein gelungenes Experiment ist, darf jeder Zuschauer selbst beantworten — kann aber kein Kriterium für die Förderwürdigkeit sein. „Es ist wichtig, dass Experimente gemacht werden“, hatte Christian Esch, der Direktor des NRW Kultursekretariates, gesagt. Jedenfalls regt die Aufführung dazu an, den Kafka-Text, den man sich kostenlos aus dem Internet herunterladen kann, mal in Ruhe durchzulesen.

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