Mönchengladbacher will Zustände in Flüchtlingsheimen verbessern

Mönchengladbach. Stephan Tötsches (32) studiert Kulturmanagement und Kulturpädagogik an der Hochschule Niederrhein. Er ist Mitbegründer der Initiative „Geflüchtete Menschen“.

Mönchengladbacher will Zustände in Flüchtlingsheimen verbessern
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Ein fester Kern von knapp 15 Personen engagiert sich seit rund einem Jahr unter anderem für die Bewohner der Flüchtlingsheime Rheindahlen, Bockersend und Luisental. „Die Zustände dort sind menschenunwürdig“, sagt Tötsches und hat deswegen eine Online-Petition ins Leben gerufen, mit der die Initiative weitere Unterstützer sucht.

Mönchengladbacher will Zustände in Flüchtlingsheimen verbessern
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Herr Tötsches, warum müssen die Flüchtlinge in Mönchengladbach unterstützt werden?

Stephan Tötsches ist Mitbegründer der Initiative "Geflüchtete Menschen". Er will nicht wegsehen.

Stephan Tötsches ist Mitbegründer der Initiative "Geflüchtete Menschen". Er will nicht wegsehen.

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Stephan Tötsches: Die Zustände in den Flüchtlingsheimen in unserer Stadt sind untragbar. Und das schon seit Jahren.

Haben Sie sich vor Ort umgeschaut? Was haben Sie vorgefunden?

Tötsches: Ich habe kürzlich die Unterkunft an der Hardter Straße besucht. Die sanitären Einrichtungen sehen schlimm aus. Die Wohnräume sind beengend. Mehrere Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion leben zu viert oder zu fünft in einem etwa neun Quadratmeter großen Zimmer. Der eine fastet, weil Ramadan ist, während der andere Alkohol auf dem Zimmer trinkt und isst. Oft können sich die Asylbewerber untereinander nicht verständigen, weil sie nicht die gleiche Sprache sprechen. Es muss auf den Zimmern gekocht werden und es gibt keinerlei Privatsphäre. Die Menschen verbringen oft den ganzen Tag im Wohnheim, denn sie dürfen ja nicht arbeiten — und das, obwohl sie ebenso Qualifikationen mitbringen und gut ausgebildet sind.

Wie kam es zur Gründung der Initiative?

Tötsches: Das war vor etwa einem Jahr, als die Flüchtlingsthematik durch die Geschehnisse auf Lampedusa in die Medien gelang. Da habe ich mich erstmals mit dem Thema beschäftigt. Meine Freundin und ich dachten zunächst daran, den Asylbewerbern in Mönchengladbach mit Lebensmittel- oder Kleiderspenden zu helfen. Doch solche Hilfen existierten bereits. Wir Studierende, weitere Organisationen aber auch engagierte Bürger beschlossen dann, unsere eigenen Ressourcen zu nutzen und kulturelle sowie sozialpädagogische Angebote für die Menschen in den Unterkünften anzubieten. Wir helfen bei Sprachkursen oder veranstalten Kunstaktionen, um so auf die Missstände aufmerksam zu machen.

Warum brauchen Sie die Online-Petition?

Tötsches: Die Wege der Entscheidungen in der Politik sind sehr langwierig und augenscheinlich möchte niemand dort so wirklich Verantwortung übernehmen. Es ändert sich einfach nichts. Über 21 000 Menschen haben uns schon unterstützt. Wir hoffen, durch diese Petition die Aufmerksamkeit vieler Bürger und der Politik zu erregen, denn vor unserer Haustür werden tagtäglich Menschenrechte verletzt.

Warum schaut die Politik dennoch weg?

Tötsches: Es hat sicherlich auch mit Geld zu tun. Aber wenn ich sehe, dass bei der Stadt alles in Bewegung gesetzt wird, damit „Rock am Ring“ und Marek Lieberberg nach Mönchengladbach kommen können, bekomme ich den Eindruck, dass da möglicherweise Prioritäten falsch gesetzt werden.

Was muss sich kurzfristig ändern in den Unterkünften?

Tötsches: Kurzfristig müssen die Unterkünfte geschlossen werden. Und es muss händeringend nach Alternativen gesucht werden, damit die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, menschenwürdig leben und ihre Grundbedürfnisse decken können.

Und langfristig?

Tötsches: Langfristig wünschen wir uns, dass die Asylbewerber Teil unserer Gesellschaft werden. Neben dem Heim in Rheindahlen wird beispielsweise in Kürze ein großes Schützenfest gefeiert. Es wird ordentlich Geld ausgegeben, gegessen und getrunken und nebenan leben Menschen in katastrophalen Zuständen. Langfristig muss auch mehr Geld in Sozialarbeiter investiert werden. Zweieinhalb Stellen für rund eintausend Menschen ist viel zu wenig. Die Kinder brauchen Förderangebote, die Erwachsenen Sprachkurse. Wir sind froh, dass die Stadt in diesem Bereich mit uns kooperiert. Die städtischen Sozialarbeiter leisten trotz der wenigen Stellen eine sehr gute Arbeit. Hier wird verstärkt auch versucht, das Engagement der freiwilligen Helfer zu koordinieren.

Wie können sich Bürger Ihrer Initiative anschließen?

Tötsches: Auf unserer Facebookseite posten wir immer, wann wir uns treffen. Das ist etwa alle vier Wochen. Wer nicht bei Facebook ist, kann uns auch einfach eine E-Mail schicken: [email protected]. Wir rufen auch alle auf, sich noch an unserer Online-Petition zu beteiligen.

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